Vorschlag zu späterer Einschulung erfährt Lob und Kritik

"An der Schulpflicht gibt es nichts zu rütteln"

Gezielte Sprachförderung von Anfang an: Auch aus den Reihen der Union kommt Kritik am Vorstoß des stellvertretenden Unionsfraktionsvorsitzenden Carsten Linnemann, Grundschulkinder mit schlechten Deutschkenntnissen später einzuschulen. 

Einschulung (Symbolbild) / © Ralf Hirschberger (dpa)
Einschulung (Symbolbild) / © Ralf Hirschberger ( dpa )

Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Staatsministerin Annette Widmann-Mauz (CDU), wies den Vorschlag zurück. "An der Schulpflicht gibt es nichts zu rütteln", sagte sie der "Rheinischen Post" (Mittwoch). "Was wir aber brauchen, ist gezielte Sprachförderung von Anfang an." Dagegen begrüßten der Lehrer- und Philologenverband den Vorschlag.

Widmann-Mauz verwies auf ihre entsprechende Initiative mit den CDU-Bildungsministern bei der Kultusministerkonferenz. "Wir brauchen verpflichtende Sprachtests und Förderprogramme, die möglichst früh ansetzen", sagte sie. Lehrer verdienten im Alltag mehr Unterstützung, beispielsweise durch mehr begleitende Sprachvermittlung an Schulen und gemischte Teams mit Sozialarbeitern, Erziehern und Sozialpsychologen. "Und auch die Eltern müssen wir stärker in die Pflicht nehmen. Denn Bildung ist entscheidend für die Integration und Zukunftschancen aller Kinder."

Populistischer Unfug?

Linnemann hatte zuvor gegenüber der Zeitung Konsequenzen für Erstklässler gefordert, die schlechte Deutschkenntnisse haben. Ein Kind, das kaum Deutsch spreche und verstehe, habe auf einer Grundschule noch nichts zu suchen, so Linnemann. Er forderte für diese Kinder eine Vorschulpflicht.

Die schleswig-holsteinische Bildungsministerin Karin Prien (CDU) bezeichnete den Vorschlag "als populistischen Unfug". Der "Süddeutschen Zeitung" (Dienstag) sagte sie, "im Jahr 100 nach Einführung der Schulpflicht" sollten gerade Christdemokraten "auf die soziale und gesellschaftliche Errungenschaft einer allgemeinen Schulpflicht hinweisen". Die Linken und die Grünen übten ebenfalls Kritik und sprachen von einer "populistischen Scheindebatte".

Ideologiefrei dem Problem widmen

Dagegen erklärten der Deutsche Philologen- und der Lehrerverband, sie unterstützten den Vorschlag. Sie sei für eine Einschulung der förderbedürftigen Kinder in Vorklassen, erklärte die Vorsitzende des Deutschen Philologenverbandes, Susanne Lin-Klitzing. Der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, Heinz-Peter Meidinger, plädierte dafür, dass alle Bundesländer Sprachstandserhebungen verpflichtend durchführen sollten. "Wir müssen uns endlich ideologiefrei dem Problem widmen, dass inzwischen ein Fünftel bis ein Viertel der Erstklässler nur schlecht oder gar kein Deutsch kann".

Unterdessen verwies der Arbeitsökonom Holger Schäfer per Twitter darauf hin, dass der Vorschlag Linnemanns "im rot-grün regierten Hamburg schon umgesetzt" sei. Schäfer verweist auf das Internetportal der dortigen Schulbehörde. Dort heißt es, "Kinder und Jugendliche, die dem Unterricht aufgrund fehlender Deutschkenntnisse noch nicht folgen können, erhalten zunächst intensiven Deutschunterricht".


Carsten Linnemann, Vorsitzender der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung (MIT) der CDU/CSU / © Michael Kappeler (dpa)
Carsten Linnemann, Vorsitzender der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung (MIT) der CDU/CSU / © Michael Kappeler ( dpa )
Quelle:
KNA