Das Lernen zu eigenen Konditionen kommt an

Digitaler Hörsaal für alle

Graphentheorie, politische Philosophie und Reformation: Über all diese Themen können Menschen an der Uni lernen. Inzwischen geht das auch im Internet über Onlinekurse, die immer beliebter werden – den MOOCs sei Dank.

Autor/in:
Lisa Konstantinidis
Vorlesung in der Lateranuniversität  / © Cristian Gennari (KNA)
Vorlesung in der Lateranuniversität / © Cristian Gennari ( KNA )

Wen es vor Jahrzehnten nach Wissen dürstete, der kam nicht umhin, seine Nase in ein Buch zu stecken und zu hoffen, nicht von der aufgestapelten Welt des Wissens - sprich dem Bücherturm auf dem Schreibtisch - erschlagen zu werden. Dank dem Internet sind diese Zeiten inzwischen passe. Das Netz ist schon lange keine Black Box mehr, aber immer noch ein Ort der unbegrenzten Möglichkeiten.

Insbesondere das Bildungsangebot wächst stetig und hat diverse Anbieter online abrufbarer Lerninhalte hervorgebracht. Das digitale Bildung längst ein nicht mehr wegzudenkendes Thema ist, zeigt auch die Bildungsmesse didacta, die vom 19. bis 23. Februar in Köln stattfindet.

Internetbasierte Kurse werden beliebter

Ein Online-Format, das sich großer Beliebtheit erfreut, sind sogenannte Massive Open Online Courses (MOOCs): internetbasierte Kurse, die sich an eine breite Masse Lernwilliger richten. Zugangsbeschränkungen gibt es nicht - wer lernen will, kann teilnehmen. Bildungshintergrund und Standort einer Person spielen keine Rolle. Die Teilnehmerzahlen besonders beliebter Kurse liegen dabei teils im fünf- oder sechsstelligen Bereich. Besonders beliebt sind Kurse aus dem IT-Bereich, aber auch Wirtschafts- und Gesundheitsthemen werden gerne besucht. Kurse über Religion und Theologie sind seltener, lassen sich aber durchaus finden.

Aber MOOC ist nicht gleich MOOC - es gibt Unterschiede. Einige Kurse orientieren sich am klassischen Frontalunterricht: Dozenten stellen Videos mit Lerninhalten zur Verfügung, Tests kontrollieren den Lernfortschritt. Oft ist der Abschluss eines Kurses auch mit einem Zertifikat verbunden. Bei diesen sogenannten xMOOCs steht der reine Wissenserwerb der Teilnehmer im Vordergrund.

Wer lieber mit anderen zusammen lernt, ist in einem sogenannten cMOOC gut aufgehoben. Das c steht für das englische Wort "connected", zu Deutsch: verbunden. Hier wird auf eine aktive Beteiligung aller Teilnehmer gesetzt, die sich in Sozialen Medien, Diskussionsforen oder Blogs austauschen. "Diese Kurse werden aktiv von den Studierenden gestaltet. Sie erarbeiten sich den Stoff gemeinsam", erklärt Stefanie Schweiger. Sie ist Referentin für Kommunikation am Hasso-Plattner-Institut (HPI) und beschäftigt sich seit Jahren mit MOOCs.

Aber wer steckt hinter diesen Online-Kursen?

Zum einen sind das Professoren und Universitäten auf der ganzen Welt, zum anderen aber auch Unternehmen, die hauptsächlich ihre Angestellten an verschiedenen Standorten weiterbilden möchten. Betriebe nutzen Schweiger zufolge gerne eine Mischung aus Online-Materialien und einem Training der Arbeitnehmer vor Ort. Diese Form hört auf den Namen "Blended MOOCs". Auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) nutzt MOOCs, um ihre Krisenteams auf Einsätze vorzubereiten und über neue wissenschaftliche Erkenntnisse zu unterrichten. Die Plattform OpenWHO richtet sich zudem an Menschen, die in Krisengebieten leben und sich informieren möchten.

"Ein Studium oder eine Ausbildung kann ein MOOC nicht ersetzen", sagt Schweiger, "allerdings können solche Kurse qualitativ hochwertiges Wissen vermitteln und lebenslanges Lernen unterstützen." 2012 begann der Hype um die MOOCs; die "New York Times" rief sogar das "Jahr der MOOCs" aus. Das schürte aber auch Ängste, dass Universitäten von MOOCs verdrängt werden könnten. "Diese Befürchtung hat sich als Blödsinn erwiesen", kommentiert Schweiger. "Der große Hype um die MOOCs ist zwar vorbei, dennoch verzeichnet beispielsweise unsere eigen Plattform openHPI eine stetig wachsende Lerncommunity von mehr als 550.000 Teilnehmern."

Kritiker bemängeln häufig hohe Abbrecherquoten bei MOOCs. Auch am HPI kennt man das Problem: "Es braucht definitiv Eigenverantwortung und Disziplin", erklärt Schweiger. MOOC-Anbieter setzen deshalb häufig auf motivierende Elemente – im Fachjargon spricht man von "Gamification": Wer sich aktiv an Kursen beteiligt, erhält beispielsweise virtuelle Punkte oder Abzeichen. Bei vielen Teilnehmern funktioniert das. Die Abschlussquote von MOOCs, die das HPI anbietet, liegt den Angaben zufolge bei über 30 Prozent.


Quelle:
KNA