Israel will Einwanderung von bestimmten Konvertiten beschränken

Streit um "echtes Judentum"

​Einwanderung nach Israel ist das Recht eines jeden Juden. Geht es nach dem Innenministerium, könnte jedoch die Definition von "Jude" künftig strenger ausfallen. Konvertiten aus bestimmten Strömungen hätten es dann schwer.

Autor/in:
Andrea Krogmann
Israel will Einwanderung von bestimmten Konvertiten beschränken / © Maksym Halinskyi (shutterstock)
Israel will Einwanderung von bestimmten Konvertiten beschränken / © Maksym Halinskyi ( shutterstock )

Die Sammlung von Juden aus aller Welt in ihrer "Heimstatt" ist eine der zentralen Missionen Israels. Wer aber Jude sei und wem das Recht zukomme, als solcher nach Israel einzuwandern, darüber streitet das Land seit langem. Geht es nach dem israelischen Innenministerium, könnten die Auswahlkriterien bald strenger werden. Das letzte Wort hat Israels Oberstes Gericht.

Vor fünf Jahren wandten sich zwei Peruaner mit einer Petition an jenes Gericht. Sie waren in einer sogenannten "aufstrebenden" jüdischen Gemeinschaft zum Judentum übergetreten und wollten nach Israel einwandern. Das Innenministerium verweigerte ihnen jedoch den Einwandererstatus und verwies sie des Landes.

Als "aufstrebende" Gemeinde wird eine Vielzahl jüdischer Gruppen bezeichnet, darunter solche, die sich als Nachkommen der sogenannten "verlorenen Stämme Israels" bezeichnen. Zu ihnen zählen auch Nachfahren spanischer und portugiesischer Juden, die während der Inquisition zum Übertritt zum Christentum gezwungen wurden, aber auch neu entstandene Gemeinden in Lateinamerika. Die Zahl der Gläubigen in diesen Gruppen wird auf mehrere Millionen geschätzt. Der Status von Konvertiten aus diesen Gruppen galt bisher als ungeklärt.

Gruppenkonversionen sollen nicht länger anerkannt sein

Nun hat sich das Ministerium gegenüber dem Gericht erklärt. Übertritte zum Judentum, die als Gruppenkonversionen in besagten Gemeinschaften vollzogen wurden, sollen in Israel nicht länger anerkannt werden, berichtete die Tageszeitung "Haaretz" am Sonntagabend. Ihnen bliebe damit das Rückkehrrecht verwehrt, nach dem Juden nach Israel einwandern dürfen. Gruppenkonversionen, so das Ministerium laut Bericht, sind im Blick auf das Rückkehrgesetz unzulässig.

De facto betroffen sind damit laut Bericht die meisten Konvertiten. Ihre Gemeinden sind zu klein und abgelegen, um eigene Rabbinergerichte zu haben. Durchreisende Rabbinergerichte hingegen führen in der Regel gleichzeitig mehrere Konversionen durch. 

Entsprechend müsste das Einwanderungsgesuch dieser Konvertiten "vergleichbar mit einer Anfrage durch eine gesamte Gruppe" behandelt werden, die nach Israel einwandern und sich dort einer Konversion unterziehen will. Statt Einwanderung nach dem Rückkehrgesetz wäre eine Sondergenehmigung des Ministeriums nötig. Wer nach dem Rückkehrgesetz als Jude nach Israel einwandert, erhält hingegen quasi automatisch die Staatsbürgerschaft

Kritik an Innenminister Deri

Vertreter konservativer und reformjüdischer Bewegungen warfen dem strengreligiös-jüdischen Innenminister Arieh Deri (Schas-Partei) vor, die jüdische Vielfalt zugunsten seiner persönlichen Sicht einzuschränken. "Das Ministerium unter seiner Ägide tut alles ihm mögliche, Juden herauszufordern und zu beschämen, deren Konversion oder Lebensstil nicht zu seinen eigenen orthodox-haredischen Ansichten passt", zitiert die Zeitung etwa den Leiter der konservativen Masorti-Bewegung in Israel, Jizhar Hess.

Die Einwanderung nach Israel regelt das "Rückkehrgesetz". Recht auf Alijah (Hebräisch für "Aufstieg"), wie der Akt der jüdischen Einwanderung heißt, hat jeder, der seine Abstammung bis zu einem jüdischen Großelternteil zurückverfolgen kann, oder Ehepartner eines zur Alijah Berechtigten ist. Damit steht das Gesetz im Widerspruch zur religiösen Definition, nach der Jude ist, wer von einer jüdischen Mutter geboren wurde oder religionsrechtskonform zum Judentum übergetreten ist.

Seit Jahren Streitpunkt in Israel

Die Anerkennung von Konversionen ist wiederum seit Jahren ein Streitpunkt in Israel, das alle Personenstandsfragen in die Hände der Religionsgemeinschaften - für Juden in jene des strengreligiösen Oberrabbinats - übertragen hat. Konversionen außerhalb seines Wirkungsbereichs haben es daher schwer in Israel.

Jüdischstämmige Äthiopier, "Falaschmura", hatte Israel aktiv nach Israel umgesiedelt. Auch eine Masseneinwanderung von indischstämmigen "Bnei Menasche" wurde gutgeheißen. Bei Konvertiten aber äußerte das Ministerium wiederholt die Sorge, dass insbesondere Menschen aus weniger wohlhabenden Teilen der Welt aus falschen Gründen zum Judentum übertreten könnten: um die finanziellen und sonstigen Vorteile des Rückkehrgesetzes zu nutzen. Diese Sorge wurde von den Petitionären als grundlos zurückgewiesen: Nur eine Handvoll Übergetretener habe sich in den letzten Jahren um eine Alijah beworben.


Israelische Fahne / © Dan Josephson (shutterstock)
Quelle:
KNA