Zeitung: Antisemitische Kriminalität intensiviert sich

Straftaten lassen nicht nach

Täglich vier Straftaten gegen Juden. Die Gewalttaten hören nicht auf und nehmen ein intensiveres Maß an, so Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau. Fast 95 Prozent stammen von rechtsmotivierten Tätern.

Antisemitische Kriminalität lässt nicht nach / © Peter Steffen (KNA)
Antisemitische Kriminalität lässt nicht nach / © Peter Steffen ( KNA )

Antisemitische Kriminalität lässt in Deutschland nicht nach. Die Polizei registrierte nach Informationen des "Tagesspiegel" (Montag) 2017 im Tagesdurchschnitt vier Straftaten von Judenhassern. Das sei ungefähr so viel wie 2016 und mehr als 2015. In den meisten Fällen waren die Täter rechtsextrem oder zumindest diffus rechts motiviert, wie aus einer Antwort der Bundesregierung auf schriftliche Fragen von Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau (Linke) hervorgehe.

Die Polizei stellte demnach 2017 insgesamt 1.453 antisemitische Delikte fest, darunter 32 Gewalttaten sowie 160 Sachbeschädigungen – die von der Polizei nicht als Gewalt eingestuft werden – und 898 Fälle von Volksverhetzung. Die Zahlen sind vorläufig, da nicht alle Angaben der Länder bereits endgültig sind und es erfahrungsgemäß Nachmeldungen geben dürfte.

Rechtsmotivierte Täter

Bei 1.377 Delikten geht die Polizei den Angaben zufolge von rechts motivierten Tätern aus. 33 Straftaten werden ausländischen Judenfeinden – ohne Islamisten – zugeschrieben, weitere 25 Delikte "religiös motivierten" Antisemiten, also meist muslimischen Fanatikern ausländischer sowie deutscher Herkunft. Bei 17 Taten war es der Polizei trotz erkennbarem Judenhass nicht möglich, ein politisches Milieu zu ermitteln. Ein einziges Delikt, eine Volksverhetzung, war nach Erkenntnissen der Polizei von links motiviert.

Pau äußerte sich besorgt. Da viele Betroffene sich scheuten, judenfeindliche Straftaten anzuzeigen, "dürfte die Dunkelziffer noch beträchtlich höher sein", sagte sie der Zeitung. Umfassendes und langfristiges gesellschaftliches Vorgehen gegen jedweden Antisemitismus sei unerlässlich.

Hohe Dunkelziffer

Der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Stephan Harbarth, forderte eine verbesserte Erfassung antisemitischer Straftaten. "Derzeit besteht vermutlich eine hohe Dunkelziffer", erklärte er in Berlin. Der Bundestag hatte bereits im Januar verlangt, antisemitische Straftaten im Verfassungsschutzbericht gesondert auszuweisen. Harbarth weiter: "Wenngleich der Schwerpunkt antisemitischer Straftaten unverändert im rechtsradikalen Bereich liegt, müssen wir auch den Antisemitismus unter Zuwanderern genau im Blick haben."


Quelle:
KNA