Theologischer Blick auf Eucharistie und Abendmahl

Gemeinsames und Trennendes

Katholiken sprechen von Eucharistie, evangelische Christen vom Abendmahl. Im Teilen von Brot und Wein wissen sich Christen Gott besonders nah. Doch trotz Gemeinsamkeiten gibt es Unterschiede in der Deutung. Aber warum eigentlich?

Altar mit Brot und Wein / © Harald Oppitz (KNA)
Altar mit Brot und Wein / © Harald Oppitz ( KNA )

DOMRADIO.DE: Die evangelischen Christen sprechen vom Abendmahl, die Katholiken von der Eucharistie. Was bedeutet das Wort denn?

Prof. Thomas Söding (Katholischer Theologe und Professor für Neutestamentliche Exegese an der Ruhr-Universität Bochum): Man kann beides sagen. Der Begriff Abendmahl geht auf die Überlieferung zurück, dass Jesus am Abend vor seiner Auslieferung, bei der er schließlich sein Leben hingegeben hat, für ein letztes Mahl mit seinen Jüngern zusammengekommen ist.

Das Wort Eucharistie heißt auf Deutsch "Danksagung" und nimmt genau die zentrale Beschreibung aus der Abendmahlsüberlieferung selbst auf, dass nämlich Jesus Gott Dank gesagt hat. Das klingt absolut paradox, ist aber genau ins Zentrum führend, weil es ja um die Hingabe seines Lebens geht.

DOMRADIO.DE: Es geht auch um die grundlegenden Unterschiede beim Verständnis des Abendmahls, was über Jahrhunderte schon zu Kriegen und Konflikten geführt hat. Was trennt denn da die Katholiken im Verständnis zu den evangelischen Schwestern und Brüdern?

Söding: Gar nicht so viel. Uns verbindet sehr viel mehr als uns trennt. Das hat mit den ökumenischen Gesprächen, mit einer neuen Entdeckung der biblischen Überlieferung und mit einem biblisch-theologischen Verständnis der Erinnerung zu tun: "Tut dies zu meinem Gedächtnis", heißt es in den Evangelien.

Es ist heute bei evangelischen wie bei katholischen Christen völlig klar, dass es die Vergegenwärtigung Jesu Christi darstellt. Jesus Christus selbst ist unter uns in den Zeichen von Brot und Wein. Ich bin sehr froh über diese ökumenische Verständigung.

DOMRADIO.DE: Katholiken glauben, dass im Moment der Wandlung aus Brot und Wein das Fleisch und Blut Christi werden. Aber man bekommt bei der Kommunion ja trotzdem ein Stück Brot in die Hand.

Söding: Man bekommt ein Stück Brot und in diesem Zeichen des Brotes bekommt man Jesus Christus selbst. Das ist das Besondere. Das ist das Zeichen, das eine reale Bedeutung hat.

Und genau das ist die Zeichensprache Jesu selbst. Jesus selbst hat Brot und Wein genommen und seinen Jüngern gegeben, ein elementares Lebensmittel und ein Zeichen der Lebensfreude. Und beide bekommen durch Jesus eine Bedeutung für das Reich Gottes. Eine Bedeutung für die Verbindung und Einigung mit Gott.

DOMRADIO.DE: Warum hat die Eucharistie eine solch große Bedeutung für uns?

Söding: Weil sie für Jesus diese große Bedeutung gehabt hat. Die Evangelien erzählen es. Der Sinn des gesamten Lebens Jesu ist in diesen zwei Worten und den zwei Gesten Brot und Wein inbegriffen. Das ist nicht vom Kontext isoliert, sondern als Teil der großen Hoffnungsgeschichte, in der sich die messianischen Verheißungen Israels vergegenwärtigen und in dem Jesus die Augen für das Reich Gottes öffnet, zu verstehen.

DOMRADIO.DE: Hat sich denn am Ritual der Eucharistie in den vergangenen rund zweitausend Jahren irgendetwas geändert?

Söding: Es hat sich sehr viel geändert, aber an dem Entscheidenden hat sich nichts geändert. Entscheidend bleibt nämlich diese Vergegenwärtigung Jesu Christi selbst, bleiben Brot und Wein.

Aber die Liturgie ist immer auch eine Zeichensprache. Sie muss immer auch mit den Möglichkeiten, mit den Ritualen und auch mit den Liedern sowie den Gebeten einer bestimmten Zeit dieses Geheimnis des Glaubens vergegenwärtigen. Deswegen ist die Geschichte der Liturgie auch eine Geschichte der Liturgiereformen.

 

Prof. Dr. Thomas Söding / © Harald Oppitz (KNA)
Prof. Dr. Thomas Söding / © Harald Oppitz ( KNA )
Quelle:
DR
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