Mehrere Flüchtlingsboote erreichen Lampedusa innerhalb einer Nacht

In Süditalien wächst Unmut

Allein in einer Nacht sind 200 Geflüchtete im Hafen der italienischen Mittelmeerinsel Lampedusa angekommen. Das Aufnahmezentrum ist überfüllt und die Bevölkerung fürchtet die Einschleppung des Coronavirus.

Flüchtlinge bei ihrer Ankunft im Hafen von Lampedusa (2018) / © Elio Desiderio (dpa)
Flüchtlinge bei ihrer Ankunft im Hafen von Lampedusa (2018) / © Elio Desiderio ( dpa )

Innerhalb einer Nacht haben 200 Flüchtlinge in acht Booten Lampedusa erreicht. Die Hälfte von ihnen habe aus eigener Kraft den Hafen der Insel erreicht, die andere Hälfte sei von örtlichen Einsatzkräften auf dem offenen Meer gerettet worden, berichtete der italienische Rundfunk am Montag.

Aufnahmezentrum überfüllt

Das über knapp 100 Plätze verfügende Aufnahmezentrum der italienischen Ferieninsel ist seither mit knapp 1.000 Migranten erneut überfüllt. Für den Abend wurde mit der Ankunft eines Quarantäne-Schiffs für Bootsflüchtlinge gerechnet. Die italienischen Behörden brachten unterdessen 300 Flüchtlinge mit einer öffentlichen Fähre nach Porto Empedocle auf Sizilien.

Nachdem mehrere Flüchtlinge die Quarantäne in einem Aufnahmezentrum mit positiv getesteten Mitbewohnern vorzeitig verließen, steigt in Italien die Angst vor einer Einschleppung des Coronavirus durch Migranten. Wegen guter Wetterbedingungen erreichten in den vergangenen Tagen vermehrt Boote von Tunesien aus Lampedusa.

In Süditalien wächst Unmut

Ein Anstieg der Zahl der Bootsmigranten im Juli sorgt in Süditalien für wachsenden Unmut in betroffenen Städten. Auf den beiden Mittelmeerinseln Lampedusa und Sizilien trafen nach offiziellen Angaben täglich große Gruppen von Menschen ein - viele davon aus Tunesien. In dem nordafrikanischen Land herrscht wirtschaftliche Not.

Städte in Süditalien warnten, ihre Auffanglager seien überfüllt. Die Bürgermeisterin von Porto Empedocle auf Sizilien, Ida Carmina, richtete einen Hilfsappell an Ministerpräsident Giuseppe Conte, wie die Nachrichtenagentur Ansa am 28. Juli schrieb. Die Angst vor einem Anstieg der Coronavirus-Fälle verschärft die Lage.

Solidarität gefordert

Ida Carmina, die zur in Rom mitregierenden Fünf-Sterne-Bewegung gehört, forderte mehr Solidarität von anderen Kommunen im Land. Sie sprach sich für Luftbrücken aus, die Menschen von der kleinen Insel Lampedusa in andere Gebiete bringen könnten. Sie sagte dagegen "nein zu einem vor Porto Empedocle vor Anker gehenden Quarantäne-Schiff mit 1000 Plätzen". Das berge Risiken für den Tourismus. Das Innenministerium will mit einem Schiff die Aufnahmezentren entlasten.

Rückführung aktivieren

"Wir müssen die Mechanismen für die Rückführung nach Tunesien sofort wieder aktivieren", sagte Außenminister Luigi Di Magio am Rande einer Veranstaltung in Rom. Tunesien gelte für Rom als "sicheres Land". Der frühere Ministerpräsident Silvio Berlusconi von der rechten Oppositionspartei Forza Italia sprach von "der Gefahr einer neuen Welle von importierten Coronaviren". 2020 kamen bisher 12.533 Migranten nach Italien - im Vergleichszeitraum 2019 waren es knapp 3.600 gewesen.

Verteilung auf EU-Mitglieder

Die EU-Kommission koordiniert auf Anfrage Italiens inzwischen die Verteilung geretteter Menschen auf weitere EU-Staaten, wie ein Sprecher der Brüsseler Behörde am 28. Juli sagte. Man sei in Kontakt mit anderen Ländern, die Gespräche hätten jedoch gerade erst begonnen. Man sei sich der "gegenwärtigen Herausforderungen" in Italien, insbesondere auf der Insel Lampedusa, bewusst. 


Quelle:
epd , dpa