Flüchtlingsbischof beklagt fremdenfeindliche Tendenzen in Kirche

"Angst vor Überfremdung ist Angst vor Veränderung"

Auch in den katholischen Gemeinden sei Fremdenfeindlichkeit präsent, so Flüchtlngsbischof Heße. Flüchtlinge aufzunehmen, bleibe aber Aufgabe der Christen. Eine offene Debatte dürfe nicht gescheut werden. 

Erzbischof Stefan Heße, Sonderbeauftragter für Flüchtlingsfragen der Bischofskonferenz / © Julia Steinbrecht (KNA)
Erzbischof Stefan Heße, Sonderbeauftragter für Flüchtlingsfragen der Bischofskonferenz / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Der katholische deutsche Flüchtlingsbischof Stefan Heße beklagt fremdenfeindliche Tendenzen innerhalb der Kirche. "Auch in unseren Gemeinden gibt es mancherorts Angst vor Überfremdung, die ja auch immer Angst vor Veränderung ist", sagte der Hamburger Erzbischof am Donnerstag in Essen. Der Umgang mit Fremdenfeindlichkeit und Rechtspopulismus sei somit auch eine Herausforderung für die kirchliche Flüchtlingshilfe, so Heße beim vierten katholischen Flüchtlingsgipfel der Deutschen Bischofskonferenz.

Fremdenfeindlichkeit ist laut Heße nicht nur in der Mitte der Gesellschaft angekommen, sondern auch in der Mitte der Gemeinden.

Dies zeige sich nicht nur in der Ablehnung von Flüchtlingen, sondern auch von ausländischen Geistlichen bei Taufen oder Beerdigungen. Es bleibe aber Aufgabe der Christen, Geflüchtete aufzunehmen, zu schützen, zu fördern und zu integrieren.

"Rassismus und Fremdenfeindlichkeit widersprechen der Botschaft Jesu", so der Erzbischof vor rund 100 Experten und Praktikern auf der stillgelegten Zeche Carl. Er plädierte für eine offene und ehrliche Debatte, die auch für Unbehagen und diffuse Ängste Raum lasse. Hass und Hetze dürften in Gemeinden aber keinen Platz haben.

Moraltheologie: Kirche "keine Einrichtung von Katholiken für Katholiken"

Der Berliner Sozialethiker Andreas Lob-Hüdepohl sagte, es habe noch nichts mit Fremdenfeindlichkeit zu tun, Verschiedenheit als befremdlich zu empfinden. Problematisch werde es erst dann, wenn das Anderssein zum Anlass für Abwertung genommen werde.

Er verwies darauf, dass nicht nur Personen in prekärer Lebenslage Fremde als Bedrohung für ihre Existenz empfänden, sondern auch gut situierte Menschen. Sie befürchteten einen Abstiegsstrudel in der Zukunft. Hier zeige sich eine große Kluft zwischen subjektiver Wahrnehmung und objektivem Tatbestand.

Der Moraltheologe rief die Kirche dazu auf, Menschen unterschiedlicher Kulturen über bestehende Grenzen hinweg zusammenzubringen. Die katholische Kirche sei "keine Einrichtung von Katholiken für Katholiken", sondern für alle Menschen da.


Quelle:
KNA