Diakonie Katastrophenhilfe kritisiert europäische Flüchtlingspolitik

Dann eben über den Balkan

Die Diakonie Katastrophenhilfe fordert eine andere Flüchtlingspolitik. Präsidentin Cornelia Füllkrug-Weitzel sagte gegenüber domradio.de, die EU versuche den Seeweg für Flüchtlinge auszutrocknen. Diese würden dann aber über andere Routen flüchten.

Im Flüchtlingslager "Voena rampa" im bulgarischen Sofia (dpa)
Im Flüchtlingslager "Voena rampa" im bulgarischen Sofia / ( dpa )

Eine Sperre des Seewegs nach Europa werde nur dazu führen, dass Flüchtlinge den Landweg über den Balkan wählten. Die armen Länder dort seien jetzt schon mit den Flüchtlingsströmen überfordert, die Flüchtlinge würden dort auf keinerlei Aufnahmestrukturen treffen, so Füllkrug-Weitzel im domradio.de-Gespräch. Die Präsidentin der Diakonie Katastrophenhilfe hatte zuvor am Donnerstag in Stuttgart die Jahresbilanz der Organisation vorgelegt und dabei gefordert, dass die Politik legale Wege nach Europa schaffen und an den Fluchtursachen in den Herkunftsländern arbeitet.

Scharfe Kritik übte sie dabei auch an der Flüchtlingsdiskussion in Deutschland. "Rechtsradikale Krawallschachteln dürfen die Berichterstattung und den öffentlichen Ton bestimmen", sagte sie. Dabei würden weltweit neun von zehn Flüchtlingen und Vertriebenen nicht in Industrienationen, sondern in Entwicklungsländern aufgenommen, 25 Prozent sogar in den allerärmsten Ländern. Auch in Deutschland sei die Solidarität in der Bevölkerung "weit größer als die rassistischen Brandanschläge verirrter Minderheiten".

Die Diskussion um Wirtschaftsflüchtlinge nannte Füllkrug-Weitzel eine Scheindebatte. Wirtschaftsflüchtlinge seien auch die Menschen, die durch die westliche Wirtschafts-, Klima- und Waffenexportpolitik zu Flüchtlingen gemacht würden. Die Politik der Industrienationen entziehe vielen Menschen die Lebensgrundlage. Die Präsidentin sagte weiter, die Verantwortung für Konfliktgebiete beginne Jahre bevor eine Krise ausbreche. Die meisten gewaltsamen Auseinandersetzungen wie etwa der Kampf des "Islamischen Staats" seien absehbar gewesen.

Weniger Spenden für Katastrophenhilfe

Die Diakonie Katastrophenhilfe hatte im vergangenen Jahr Spendeneinnahmen von 17,9 Millionen Euro. 2013 waren es noch 36,8 Millionen. Der Leiter der Katastrophenhilfe, Martin Keßler, führte den Rückgang darauf zurück, dass 2013 aufgrund der Flut in Deutschland und einem Taifun auf den Philippinen die Spendenbereitschaft besonders hoch gewesen sei. Die meisten Spenden kamen im vergangenen Jahr mit 2,8 Millionen Euro aus Württemberg.

Die Einnahmen aus öffentlichen Mitteln sind laut Keßler im vergangenen Jahr von 14,5 auf 15,7 Millionen Euro gestiegen und hätten damit den höchsten Stand in der Geschichte der Diakonie Katastrophenhilfe erreicht. Das evangelische Hilfswerk unterstützte im vergangenen Jahr nach eigenen Angaben 172 Projekte in 40 Ländern. Dazu gehörten auch Regionen, die wieder aus den Schlagzeilen verschwunden seien wie die Zentralafrikanische Republik, die Demokratische Republik Kongo oder der Südsudan.

Keine spezielle Hilfe für Christen

Eine spezielle Hilfe für Christen, die aus islamischen Ländern fliehen, lehnte Präsidentin Füllkrug-Weitzel ab. Als humanitäres Hilfswerk habe man sich zur Diskriminierungsfreiheit verpflichtet. Das sei in vielen Ländern die Voraussetzung, um überhaupt dort arbeiten zu können. Außerdem seien in den Ländern, die Christen vertreiben, auch andere religiöse Minderheiten Opfer von Gewalt.


Cornelia Füllkrug-Weitzel, Präsidentin der Diakonie Katastrophenhilfe (KNA)
Cornelia Füllkrug-Weitzel, Präsidentin der Diakonie Katastrophenhilfe / ( KNA )
Quelle:
epd , DR