Salzburger Theologe gegen "Moralisierungen" in Impfdebatte

"Der pauschale Vorwurf ist unangebracht"

Der Salzburger Theologe und Ethik-Experte Andreas M. Weiß mahnt mehr Sachlichkeit in der Debatte um Corona-Impfungen an. Nicht jeder, der sich nicht impfen lasse, handle irrational und egoistisch, so Weiß.

Impfzentrum / © Uwe Anspach (dpa)
Impfzentrum / © Uwe Anspach ( dpa )

Es sei zwar legitim, bei der Frage nach der solidarischen Finanzierung von Gesundheitsleistungen abzuwägen, auch verstoße ein "moderates Anreizsystem" für mehr Impfbereitschaft nicht gegen individuelle Freiheitsrechte - wohl aber sei der "moralisierende Unterton" in der Debatte unangebracht, schreibt Weiß in einer Stellungnahme für die Wiener Presseagentur Kathpress.

Ungerechtfertigte Unterstellungen?

Wenn in der Debatte Menschen, die sich skeptisch gegen die Impfungen zeigten, durchweg als "Impfverweigerer" bezeichnet würden, so unterstelle man ihnen, "irrational und egoistisch" zu handeln. Dabei sprächen etwa aufgrund der bisher nicht absehbaren Langzeitfolgen gute Gründe gegen eine Impfung vor allem jüngerer Menschen; zum anderen gebe es mit dem Masken-Tragen und regelmäßigen Testen durchaus Maßnahmen, sich und andere vor Infektionen zu schützen.

"Der pauschale Vorwurf von Egoismus und Rücksichtslosigkeit ist unangebracht, wenn jemand zugleich einen vorsichtigen Lebensstil mit reduzierten Sozialkontakten und Masken-Tragen in der Öffentlichkeit pflegt", so Weiß: "Dann gefährdet er andere Menschen wohl kaum mehr als ein geimpfter, aber rücksichtsloser Mensch, der trotz Risiko einer Infektion ins Konzert geht."

Forderung nach Toleranz und Respekt

Es sei daher empfehlenswert, "in dieser Frage das Moralisieren zu lassen, auf Vergeltungswünsche gegenüber Impfverweigerern zu verzichten und ganz pragmatisch den tatsächlichen Gesamtnutzen zu beurteilen", so der Ethiker. Die Frage sei, ob durch das Ende kostenloser Corona-Tests die Impfbereitschaft in nennenswerter Weise erhöht werde oder sich die Gefahr unkontrollierter Ansteckungen verschärfe, wenn Ungeimpfte wegen der Kosten auf regelmäßige Tests verzichten. Das jedoch sei "eine empirische Frage und keine Glaubensfrage", erklärte Weiß.

"Toleranz gegenüber anderen Positionen und Respekt vor der Selbstbestimmung von Menschen, insbesondere, wo es um Gesundheitsfragen geht, sollten als unverzichtbare Grundwerte unserer liberalen Demokratie außer Frage stehen", so der Appell des Salzburger Ethikers und Theologen.


Quelle:
KNA
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