ZDF-Chefredakteur kritisiert Kirche in Corona-Zeit

"Auf Tauchstation"

ZDF-Chefredakteur Peter Frey hat die Rolle der Kirchen in Corona-Zeiten kritisiert. Die Krise könne auch die Chance für einen Neuanfang bieten, betonte Frey. Dies erfordere jedoch einige Voraussetzungen. Die hat er auch parat.

Eine Frau und ein Mann beten mit Mundschutz / © Lars Berg (KNA)
Eine Frau und ein Mann beten mit Mundschutz / © Lars Berg ( KNA )

"Die Bischöfe müssen reinen Tisch machen, durch Rücktritte, erkennbare Buße, sichtbare Neuanfänge, neue Köpfe und neue Stimmen.", so Frey in der "Zeit"-Beilage "Christ & Welt".

"Auf Tauchstation"

Pfarrer sollten direkte Wege zu den Menschen suchen, betonte der Journalist, der auch Mitglied im Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) ist. "Ich erlebe in der Corona-Zeit eine Kirche, die verzagt auf Tauchstation geht", kritisierte er. "Die Entschlossenheit, keine Sonderrolle für sich zu fordern, ist so groß, dass sie dabei auch ihre Kernaufgaben vernachlässigt". Dazu gehörten nicht nur Gottesdienste, sondern auch seelsorgliche Angebote.

Trotz einzelner Ideen habe sich die Kirche nicht zu neuer Kreativität aufgemacht, so Frey weiter. Auch als gesellschaftliche Akteure seien die Bischöfe zu wenig in Erscheinung getreten. "Viele Fragen lagen auf der Hand und wurden nicht beantwortet: Wie mit Triage-Situationen umgehen? Wie menschlichen Umgang mit Bewohnern von Alten- und Pflegeheimen gestalten? Wie neue Formen von Trauer und Beerdigungen finden? Ich kann nicht erkennen, dass die Kirche hier ihre besten Fachleute nach vorne geschickt hat, dass Bischöfe Debatten einforderten."

Von den Kirchen hinterlassenes Vakuum

In das "Vakuum", das die Kirchen hinterlassen hätten, stießen unter anderen "wütende Demonstranten mit ihren schwer verständlichen Aufschreien nach Aufmerksamkeit", mahnte der Autor. Zugleich habe sich die Botschaft der Kirche bisweilen durchgesetzt, etwa der vorrangige Schutz für besonders verletzliche Gruppen. "Aber sie hat sich von der Kirche quasi weggelöst." Zudem fehlten der Pandemie und ihren Folgen "bis heute jede spirituelle Vertiefung".

Die Kirche befinde sich selbst in einer Zeit größter Verunsicherung, so Frey. Auch angesichts des Umgangs mit Missbrauchsfällen und hoher Kirchenaustrittszahlen stelle sich die Frage, was die Gläubigen in die Gotteshäuser zurückbringen werde. Ohne Relevanz für den Einzelnen "und ohne Einzelne, die sich für die Botschaft in die Pflicht nehmen", sei Kirche "nur ein Apparat".


Peter Frey (Archiv, 2015) / © Harald Oppitz (KNA)
Peter Frey (Archiv, 2015) / © Harald Oppitz ( KNA )
Quelle:
KNA