Ökumenischer Weihnachtsweg auf Juist

Die Pandemie macht erfinderisch

Auf der Insel Juist gibt es kaum Corona-Fälle. Und trotzdem werden sich die Kirchen am Heiligen Abend auch hier an die Hygiene-Vorschriften halten. Statt einer ökumenischen Vesper hat sich Schwester Michaela mit den evangelischen Kollegen eine Alternative überlegt.

Juist im Winter / © Hane Street (shutterstock)

DOMRADIO.DE: Was können Sie den den Juistern, den Insulanern heute anbieten? Wie können die Menschen den Heiligabend mit und in ihrer Kirche verbringen?

Schwester Michaela Wachendorfer (Leiterin der katholischen Kirchengemeinde auf Juist): Wir hatten natürlich wegen diesen ganzen Vorschriften gebangt. Was kann man da überhaupt machen? Normalerweise ist das auf Juist große Tradition, dass man eine ökumenische Christvesper mit Kinderkrippenspiel und dergleichen macht, in der evangelischen Kirche. Das ist riesig-voll immer. Und das geht ja nicht.

Deswegen haben wir uns ausgedacht, wir machen einen ökumenischen Weihnachtsweg, der dann praktisch von Kirche zu Kirche geht. Das ist ganz schön. Wir starten dann an verschiedenen Stellen, an der evangelischen Kirche, an der katholischen Kirche und an einem Park, der dazwischen liegt. Und an jeder Stelle gibt es ein bisschen Musik und eine Art "Mini-Krippenspiel", vielleicht jeweils mit anderen Themen. Und es wird meditiert, aber natürlich nicht gesungen. Das ist ein bisschen Vorbereitung gewesen und man musste sich dazu natürlich auch wieder anmelden. Alle Vorschriften werden befolgt.

DOMRADIO.DE: Das heißt, Sie wandern, Sie laufen heute von evangelischer Kirche zur katholischen Kirche und dann durch den Januspark.

Schwester Michaela: Genau. Und dort muss man natürlich einen Kreisverkehr haben. Aber dadurch, dass dann alles draußen stattfindet und man nur einmal jeweils durch die Kirche von dem einen Eingang reingeht, an dem anderen raus, dann kommt man an der Krippe noch vorbei, kann es aus unserer Sicht jedenfalls nichts passieren. Und es ist eine schöne gemeinsame Wanderung.

DOMRADIO.DE: Bei welchem Wetter?

Schwester Michaela: Tja, wenn es so wäre wie gestern, wäre es eine Katastrophe. Aber der Wetterbericht für heute ist deutlich besser. Und wir haben gesagt, Insulaner und Insulaner-Kinder kennen sich mit Schiet-Wetter auch gut aus.

DOMRADIO.DE: Ich würde mal sagen, das sollte kein Problem sein... Wie ist das mit Weihnachtsgottesdiensten heute auf der Insel? Wird es welche geben?

Schwester Michaela: Ja, es wird auf jeden Fall welche geben. Aber natürlich auch wieder mit Anmeldung. Beide Kirchen haben dann im Anschluss an diesen ökumenischen Weihnachtsweg jeweils noch Gottesdienste.

DOMRADIO.DE: Die große Frage: Präsenz-Gottesdienste - ja oder nein? Komplett absagen und verbieten - ja oder nein. Diese Diskussion ging ja quasi bis zur allerletzten Sekunde. Was sagen Sie persönlich?

Schwester Michaela: Ja, ich fand es echt schwierig, auf der Insel ist das nochmal speziell schwierig, weil dann ja hier nicht nur Insulaner sind. Wir sind sicher einer der sichersten Orte Deutschlands im Moment. Aber es kommen eben auch doch ein paar Gäste, also Zweitwohnungsbesitzer, und dann mischt sich das. Und ich fand es sehr sehr schwierig, diese Entscheidung überhaupt irgendwie hier treffen zu müssen. Und wir haben es jetzt so entschieden und hoffen, dass das, denke ich, auch gut geht und ohne Risiko für die Menschen sein kann.

DOMRADIO.DE: Normalerweise sind ja an den Weihnachtstagen und zum Jahreswechsel eben auch viele Urlauber auf Juist, nicht nur die Zweitohnungsbesitzer. Diese Urlauber, die Touristen, die fehlen ja in diesem Jahr. Juist ist ruhig, im Winter sowieso schon. Wie ruhig empfinden Sie die Insel in diesen Tagen?

Schwester Michaela: Ja, deutlich ruhiger als sonst, klar. Aber es ist irgendwie eine komische Mischung zwischen "es ist still und beunruhigt". Weil alle irgendwie denken, was passiert jetzt und wie geht es jetzt hier weiter? Also das finde ich deutlich zu merken, bei aller Stille, die das jetzt äußerlich hier hat, kann man jetzt nicht unbedingt sagen, dass die Leute ruhig und relaxt durch die Gegend laufen.

DOMRADIO.DE: Seit elf Jahren sind sie jetzt auf Juist, sind aufgewachsen im Rheinland. Und 2020 werden sie vermutlich als ganz besonderes Jahr in Erinnerung behalten, oder?

Schwester Michaela: Ja, unbedingt. Und zwar in diesem krassen Wechsel. Im Frühjahr war es ja auch hier sehr still und sehr schön. Also da hatten wir auch super Wetter. Die Insulaner haben ihre Insel selber sehr schätzen gelernt. Dann hatten wir hier einen riesig vollen Sommer. Also das war schon extrem in in dieser Bandbreite. Aber ich verbuche das jetzt als sehr besonders, aber auch nicht nur furchtbar an. Es hat doch hervorgebracht, dass Leute mehr zusammenhalten, jedenfalls hier bei uns.

Das Interview führte Carsten Döpp.


Quelle:
DR