Frechener Quarantäne Engel: Nachbarschaftshilfe soll weiter bestehen

"Tränen der Dankbarkeit"

Seit März kümmern sich die "Quarantäne-Engel" von Frechen um Leute in Corona-Quarantäne oder Menschen, die nicht aus dem Haus gehen, weil sie zu einer Risikogruppe gehören. Das Projekt des Erzbistums Köln soll auch nach Corona Bestand haben. 

Nachbarschaftshilfe soll auch nach Corona weitergeführt werden / © Harald Oppitz (KNA)
Nachbarschaftshilfe soll auch nach Corona weitergeführt werden / © Harald Oppitz ( KNA )

DOMRADIO.DE: Sie waren ja einer der ersten im März, als es mit Corona losging, der ein Hilfs-Netzwerk aufgebaut hat. Wie viele Leute helfen denn mittlerweile mit?

Markus Gehringer (Engagementförderer des Erzbistums Köln): Wir haben im März direkt schon ein Konzept entwickelt und dann auch Ausschreibungen gemacht, um mithelfen zu können. Es haben sich dann innerhalb von einer Woche mehr als 150 Engel aus allen Ortsteilen Frechens gemeldet, die bereit waren, sich in der Nachbarschaft einzubringen.

DOMRADIO.DE: Das ist ja wirklich eine überwältigende Zahl. Wissen ja auch, wie vielen Menschen sie mittlerweile geholfen haben.

Gehringer: Ich habe nie konkret die genaue Zahl berechnet, aber wir hätten täglich zwischen fünf und mehr als 10 Aufträge. Und in der Zeit, als das Obdachlosen- und Übergangswohnheim unter Quarantäne stand, waren es besonders viel Einsätze. Von daher haben wir durchaus sehr vielen Menschen helfen können.

DOMRADIO.DE: Und diesen Service gibt es ja immer noch. Wer Hilfe braucht in Frechen, der ruft einfach bei Ihnen zwischen 9 und 12 Uhr an. Was können Sie denn alles für die Leute erledigen?

Gehringer: Jegliche Art von Besorgungen, die die Leute selber nicht tun wollen oder können - wir machen überwiegend Einkäufe, aber auch Besorgungen aus Apotheken oder Rezeptabholungen bei Ärzten. Oder wir bieten an, dass wir aus der Stadtbücherei Bücher nach Hause geliefert.

DOMRADIO.DE: Gibt es denn da Momente oder Fälle, die Ihnen besonders im Gedächtnis geblieben sind?

Gehringer: Vor allem die Dankbarkeit bleibt einfach hängen. Wenn die Leute bei mir anrufen, ist da eine enorm große Dankbarkeit zu spüren. Das versuche ich auch immer den Helfern, den Engeln, weiterzugeben. Es gibt tatsächlich auch Anrufe, wo die betroffenen Leute in Tränen ausbrechen, weil sie so dankbar sind, dass Leute da sind, die ihnen helfen.

DOMRADIO.DE: Und sie haben ja auch gemerkt: Das, was wir hier machen, macht durchaus auch Sinn für die Zeit nach der Corona-Pandemie. Da haben Sie sich was einfallen lassen. Was genau?

Gehringer: Wir sind dabei, eine Nachbarschaftshilfe aufzubauen. Es hat sich gezeigt, dass der Bedarf an Hilfe innerhalb der Nachbarschaft notwendig ist, und auch, dass Menschen da sind, die bereit sind, für die Nachbarn Dinge zu besorgen, zu erledigen. Wir haben uns jetzt auch Dank der Kardinal-Meisner-Stiftung ein kleines Lasten-Dreirad anschaffen dürfen, das wir derzeit zu einem gemütlichen Café ausbauen. Sodass wir mit diesem dreirädrigen Gefährt dann in die einzelnen Ortschaften von Frechen flitzen können und dort eine Plattform bieten, wo Menschen niederschwellig Begegnungsmöglichkeit und Gemeinschaft bekommen und Hilfebedarf anmelden können, wenn sie Hilfe brauchen. Ich denke da zum Beispiel an einsame Senioren, wenn sie jemanden brauchen, der einen Spaziergang mit ihnen macht oder bei Einkäufen hilft, oder auch Alleinerziehende bei der Hausaufgabenbetreuung. Ganz unterschiedliche Hilfsangebote können dort angefragt werden. Auch an Beratungsstellen wollen wir dann weiter vermitteln.

DOMRADIO.DE: Merken Sie denn jetzt schon, dass sich etwas verändert im Ort? Durch Corona haben wahrscheinlich auch viel mehr Menschen Hilfe angenommen, haben Menschen Hilfe angeboten. Es sind ja viele Leute in Kontakt gekommen. Merkt man, dass da eine neue Art von Gemeinschaft keimt, oder wäre das zu viel gesagt?

Markus Gehringer: Es ist schwierig, so detailliert zu sagen, dass es so ist, aber ich habe wirklich den Eindruck, dass Menschen, die bisher nicht wirklich in der Nachbarschaftshilfe tätig waren, bereit sind, sich einzubringen, in unterschiedlicher Art und Weise. Und, dass Menschen in ganz Frechen spüren durften: Sie sind nicht alleine. Ich glaube, dass diese Erfahrung wirklich wertvoll ist und vielleicht auch nachhaltig positive Auswirkungen auf die Nachbarschaft und auf das Gefühl zu Hause hat.

Das Interview führte Heike Sicconi.


Quelle:
DR
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