Katholische Bischöfe besorgt über Lage in Ägypten nach Verfassungsänderung

"Christen werden verdrängt"

Die katholischen Bischöfe sind besorgt über die Lage der Christen im Nahen Osten. Im domradio.de-Interview kritisiert Erzbischof Ludwig Schick besonders die jüngst in Ägypten angekündigte Änderung der Verfassung. Sie setze die Verdrängung der Christen fort.

Proteste in Ägypten (DR)
Proteste in Ägypten / ( DR )

Am Donnerstag (29.11.2012) hat die katholische Deutsche Bischofskonferenz eine Arbeitshilfe vorgestellt, die über den schwierigen Alltag von Christen und die Entwicklung der Religionsfreiheit in Ägypten informiert. Aufgrund der Entwicklung in den Ländern des "Arabischen Frühlings" hätten die Besorgnisse zugenommen, erklärte hier Erzbischof Ludwig Schick. "Es scheint, als gehörten die Christen bislang nicht zu den Profiteuren der neuen Freiheit", fügte der Vorsitzende der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz hinzu.

Die Achtung der Religionsfreiheit sei nicht willkürlichen Entscheidungen von Regierungen anheimgestellt, sagte Schick. Der Entschluss der christlichen Kirchen, sich nicht länger an der Verfassungsversammlung zu beteiligen, zeige die große Verunsicherung der ägyptischen Christen.

Bischof: Verfassungsentwurf vertritt nicht alle Ägypter
Auch der koptisch-katholische Bischof von Assiut, Kyrillos William Samaan, kritisierte den von den islamistischen Parteien durchgesetzten Verfassungsentwurf für Ägypten. "Diese Verfassung vertritt nicht alle Ägypter und nicht die Ideen des arabischen Frühlings", sagte der Administrator des koptisch-katholischen Patriarchats von Alexandrien. Zuvor hatte die von Muslimbrüdern und die radikalislamischen Salafisten dominierte Verfassungsgebende Versammlung beschlossen, dass das islamische Rechtssystem der Scharia die Grundlage der neuen Verfassung bilden soll. Vertreter der christlichen Minderheit hatten sich aus Protest aus dem Gremium zurückgezogen.

Kyrillos hob zugleich hervor, die Christen ließen sich von Rechtswidrigkeiten und Diskriminierungen nicht entmutigen. "Wir werden auch nicht nachlassen, uns für Veränderungen einzusetzen", betonte er. Im Vergleich zum Mubarak-Regime könnten sich die Christen und oppositionelle Muslime wenigstens öffentlich äußern. Zudem habe der neue Präsident Mohammed Mursi in seiner noch kurzen Amtszeit bereits viermal Vertreter aller Christen getroffen. Unter Hosni Mubarak habe es niemals solche Gespräche gegeben. Dennoch seien viele Christen besorgt, "und zwar zum Teil berechtigt". Viele hätten bereits ihr Heimatland verlassen. Leider höre man derzeit anstatt der anfänglichen Parole "Freiheit, Gerechtigkeit und Brot" die Stimmen radikaler Muslime, die "Freiheit, Scharia und Brot" riefen.

Die koptisch-katholische ist mit rund 165.000 Mitgliedern nach der deutlich größeren koptisch-orthodoxen Kirche die zweitgrößte christliche Gruppe in Ägypten. Rund 90 Prozent der Bevölkerung sind Muslime.