Kardinal Meisner verurteilt zum Jahresende Christenverfolgung in der Welt und blickt nach vorne

"Mehr Grund zum Danken als zum Klagen"

Der Kölner Kardinal Joachim Meisner hat die weltweite Verfolgung von Christen verurteilt. Wie andere Kirchenvertreter ermunterte er in seiner Predigt zum Jahreswechsel dazu, die Wirtschaftskrise zur Erneuerung zu nutzen. Gemeinsam riefen sie die Bundesbürger zugleich zu mehr Umweltschutz und gesellschaftlichem Engagement auf.

 (DR)

Meisner kritisierte außerdem ein unverantwortliches Handeln von Verantwortlichen in der Wirtschaft und auf dem Finanzsektor. Vielen Menschen sei in den vergangenen Monaten großer Schaden zugefügt worden. Mit Sorge blicke er auch auf den weltweiten Terrorismus, bei dem Menschen in Selbstmordattentaten missbraucht und benutzt würden.

Der Kardinal hielt auch eine Rückschau auf die Situation der katholischen Kirche in Deutschland und speziell im Erzbistum Köln. Ihn schmerze sehr «die große Zahl der aus der Kirche Austretenden» sowie der Rückgang bei den Zahlen der Gottesdienstbesucher, der Eheschließungen und Taufen, Erstkommunionen und Firmungen.

Gleichzeitig danke er Gott für die neun Neupriester im Erzbistum Köln sowie die 18 Neueintritte von Seminaristen in das Priesterseminar in Bonn. Das von Papst Benedikt XVI. ausgerufene Priesterjahr sei eine Einladung, «durch unseren Glaubenseifer und durch unser Gebet die Priester in ihrer Aufgabe in einer glaubensfeindlichen Welt mit zu tragen, zu ermutigen und zu stärken», so der Kardinal.

Er erinnerte an das 40 Tage und Nächte währende Gebet für Priesterberufungen im Erzbistum Ende September bis November sowie an die rund 70.000 Teilnehmer an der diesjährigen Domwallfahrt. «Wir haben mehr Grund zum Danken als zum Klagen», so Meisners Resümee am letzten Abend des alten Jahres.

Zollitsch ruft zu maßvollem Lebensstil auf
Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, ruft die Bundesbürger für das Jahr 2010 zu einem maßvollen und verantwortungsbewussten Lebensstil auf. Es dürfe nicht zur Zerstörung der Lebensgrundlagen kommen, warnte Zollitsch am Silvesterabend im Freiburger Münster laut vorab verbreitetem Predigttext mit Blick auf Klimawandel und Umweltzerstörung.

Umso schmerzlicher sei es, dass es auf dem Klimagipfel in Kopenhagen nicht gelungen sei, ein verbindliches Nachfolgeabkommen für Kyoto zu beschließen, beklagte Zollitsch. «Es scheint nach wie vor der Grundsatz zu gelten: Nachhaltiges Wirtschaften und ökologisches Handeln haben nur dann eine Chance, wenn es sich auch ökonomisch rechnet!» Durch die Auswirkungen der Finanzmarktkrise habe man erleben können, wohin es führt, wenn nur noch die Gesetze der Ökonomie und der Effizienz gelten.

Zollitsch warnte im Jahresschlussgottesdienst zudem vor Gleichgültigkeit und Verdrossenheit. «Eine solche Haltung wirkt wie lähmendes Gift.» Viele schauten herunter auf die, «die sich in den Niederungen dieser Welt abmühen» und klagten über jene, die Entscheidungen treffen und Verantwortung übernehmen. Gegen Unzufriedenheit, Ungerechtigkeit und Missstände würden weder Resignation noch Aggression helfen. Es brauche den engagierten Einsatz, «es braucht Menschen, die anpacken und gestalten».

In der Gesellschaft dürfe nicht alles am Auf und Ab der Börsenkurse gemessen werden. Karriere, Wirtschaftsaufschwung und Gewinn seien nicht alles, mahnte Zollitsch und forderte Christen auf, sich in Verbänden, Parteien und Gremien zu engagieren. «Das hat nichts mit parteipolitischer Orientierung zu tun. Entscheidend sind der Mut und die Bereitschaft, die Wirklichkeit so, wie sie nun einmal ist, zur Kenntnis zu nehmen und sie dann besser zu gestalten und positiv zu prägen.»

Zum Thema Sonntagsschutz sagte der oberste Repräsentant der katholischen Kirche in Deutschland: «Für viele unserer Zeitgenossen unterscheidet sich sogar der Werktag vom Sonntag nicht mehr.» Es sei keine Frage, dass die Menschen das notwendige Einkommen für ihr Leben brauchen, die entsprechende materielle Absicherung. Zollitsch: «Aber wir leben nicht von Geld und Reichtum, nicht allein für Leistung und Erfolg.» Der Sonntag, der den Alltag und alle Geschäftigkeit unterbricht, sei unverzichtbar.

Kardinal Lehmann fordert sorgsamen Umgang mit Zeit
Der Mainzer Bischof Kardinal Karl Lehmann ruft zu weniger Hast im täglichen Leben auf. «Wir können zwar den Lauf der Zeit nicht anhalten, aber es kommt darauf an, wie wir mit ihr umgehen», sagte Lehmann in seiner Neujahrspredigt am Donnerstag in Mainz.

Angesichts der Hektik des modernen Lebens sprächen viele Menschen davon, dass sie ihr Leben «entschleunigen» wollten. Eine Entschleunigung bringe es mit sich, dass Menschen mehr Zeit füreinander hätten. Es gebe aber auch Zeiten, in denen sei Eile unvermeidlich, räumte der Kardinal ein.

Lehmann kritisierte, dass sich die Gegenwart «mit geradezu religiösem Eifer dem Neuen, dem beständigen Neuanfangen, der Vergötzung der Innovation verschrieben» habe. Nie zuvor in der Geschichte sei alles, was sich wiederhole, so verachtet worden. Dabei böten Wiederholungen «eine Möglichkeit der Umkehr und der Selbstkorrektur».

Trierer Bischof warnt Kirche vor selbst gewählter Emigration
Der Trierer Bischof Stephan Ackermann hat die Kirche vor einer «selbst gewählten Emigration» gewarnt. «Die Kirche in Deutschland ist keine Randerscheinung», sagte der leitende Theologe des Bistums Trier laut Redemanuskript am Donnerstagabend im Trierer Dom. Allerdings falle es auch schwer, ein visionäres Bild von der Kirche der Zukunft zu entwerfen.

Ackermann wandte sich gegen das Bild einer Kirche als «Kirche des Exils». Zwar gebe es Parallelen zwischen einer Exilsituation und heutigen Kirchenerfahrungen, doch sei dieses Bild zu düster und überzeichnet. Dabei werde das vielfältige Engagement, die Kreativität und die Vitalität kirchlichen Lebens übersehen. Allerdings scheine es auch übertrieben, «pastorale Entdeckerfreude und die Lust zum Aufbruch als die vorherrschende Grundstimmung in unseren Pfarreien zu bezeichnen», sagte er.

Der Bischof erklärte, dass ein stimmiges Leitwort für die Trierer Heilig-Rock-Wallfahrt 2012 dazu beitragen könne, den christlichen Auftrag in dieser Zeit in neuer Weise zu erkennen. Im Blick auf den begonnenen Kostensenkungsprozess in der Diözese kündigte er für das kommende Jahr Entscheidungen an, die «nicht ungeteilte Zustimmung finden werden». Es werde darum gehen, in einem möglichst transparenten Vorgehen «die vielfältigen Engagements des Bistums auf ihre Zukunftsfähigkeit hin zu überprüfen.»

Becker: Sprachlosigkeit in der Gesellschaft überwinden
Der Paderborner katholische Erzbischof Hans-Josef Becker hat zum Jahreswechsel die Menschen aufgerufen, 2010 zu einem Jahr des Dialogs zu machen. Dazu müsse die «Sprachlosigkeit im zwischenmenschlichen Bereich» überwunden werden, sagte er in seiner Predigt am Silvesterabend im Dom zu Paderborn. «Worte werden missbraucht und trennen, Worte verbinden nicht unbedingt mehr. Der Dialog droht zu sterben», so Beckers Analyse der modernen Gesellschaft. Um den Dialog wieder möglich zu machen, müssten «sich alle Menschen wie Brüder und Schwestern wissen» und sich bewegen lassen vom Geist Jesu Christi.

Zum Jahreswechsel stöhnten viele Menschen unter drückenden Lasten und fühlten sich unfrei und versklavt, so Becker. Das werde wohl auch im kommenden Jahr nicht anders sein. «Wenn ich heute Abend etwas anderes verkündete, würde das bedeuten, Menschen zu belügen und die Erde zu verkennen», räumte der Erzbischof ein. Dennoch könne 2010 auch zu einem Jahr der Befreiung werden; dann nämlich, wenn die Menschen sich ihres «egoistischen Ichs» entledigten und sich auf den Glauben an Gott besinnen würden. «Er macht und frei - vor allem von der Sünde, der tiefsten Ursache aller Unfreiheit», sagte Becker.

Mussinghoff fordert Rückbesinnung auf Gemeinwohl
Der Aachener katholische Bischof Heinrich Mussinghoff hat zum Jahreswechsel eine Rückbesinnung auf das Gemeinwohl gefordert. Gleichzeitig würdigte er die Sozialenzyklika Papst Benedikt XVI. «Caritas in veritate» (Die Liebe in der Wahrheit).
Dieses Lehrschreiben greife die Realität der Globalisierung auf und nehme «zu aktuellen Themen wie der Finanzkrise, der Wirtschaftsethik, der weltweiten Migration, Technisierung und Ökologie kritisch Stellung», sagte er am Silvesterabend im Aachener Dom. Dabei durchziehe das Prinzip des Gemeinwohls, festgemacht am Faktum der Liebe, die Enzyklika wie ein roter Faden.

«Das Gemeinwohl ist der Schlüssel für eine gerechte Entwicklung des Individuums, der Völker und der Menschheit», so Mussinghoff weiter. Die Liebe sei die entscheidende Entwicklungs- und Beziehungskraft des Menschen und somit ein unschätzbares Potenzial für den Aufbau der Gesellschaft.

Die erste Sozialenzyklika Benedikt XVI. war im Juli vorgestellt worden. Darin fordert der Papst eine Steuerungsinstanz, um die Weltwirtschaft zu lenken und die Folgen der aktuellen Krise zu meistern. Ausdrücklich verurteilt das Kirchenoberhaupt Profitgier und Egoismus.

Unbedingten Vorrang vor allem habe die Menschenwürde, so Mussinghoff. «Im gesellschaftspolitischen Handeln, insbesondere in den Fragen der Entwicklung muss der Blick auf die Person und auf die Würde gerichtet bleiben.» Notwendig sei außerdem eine «unbedingte Besinnung» auf die Bestimmung des Menschen, «ein Wesen der tätigen Liebe zu sein». Er hoffe, dass diese von Gott gegebene Kraft im Kampf für Menschenrechte, Gerechtigkeit und Gemeinwohl immer wieder zur Geltung komme, sagte der Bischof.