Gastpriester als Aushilfe im Sommer

"Weltkirche bekommt ein Gesicht"

Völkerverständigung im Urlaub: So kann ein Sommer in einer Gemeinde mit einem Aushilfspriester aussehen. Wenn der Heimatpriester verreist, kommen meist Priester aus dem Ausland. Für sie und die Gemeinde ist das eine spannende Zeit.

Priester reinigt Kelch / © Harald Oppitz (KNA)
Priester reinigt Kelch / © Harald Oppitz ( KNA )

DOMRADIO.DE: Wer sind die 75 Priester, die im Bistum Augsburg im Sommer ihre deutschen Kollegen vertreten? 

Gabriele Knoller (Personalreferat für Priester der Diözese Augsburg): Also die meisten der Priester sind Studenten, die in Rom, in Belgien oder in Europa studieren und die während ihrer Semesterferien aus den Studienhäusern raus müssen und aus Kostengründen auch nicht in die Heimat reisen können. Und dann bewerben sie sich bei uns und verdienen sich praktisch mit solchen Aushilfsdiensten das Studium, das ihnen das Heimatbistum zwar genehmigt hat, aber in der Regel nicht bezahlen kann oder nicht bezahlt. 

DOMRADIO.DE: Was sind das dann für Aufgaben, die die Gastpriester in ihren Urlaubsgemeinden oder Gastgemeinden übernehmen? 

Knoller: Vorwiegend sind es seelsorgliche Aufgaben, aber der Alltag ist dann sehr unterschiedlich. Das kommt dann immer auf die Belange vor Ort an: grundsätzlich Feier der Gottesdienste, aber auch Taufen, Trauungen und Beerdigungen. Aber auch das ist wieder von Ort zu Ort verschieden, weil es in größeren Einheiten oftmals noch einen zweiten Priester gibt, der dann auch etwas übernehmen kann. Das Anliegen ist, dass die seelsorgliche Betreuung der Gläubigen kontinuierlich auch während der Ferienzeit hinweg sichergestellt ist. 

DOMRADIO.DE: Jetzt stelle ich es mir sehr schwierig vor, wenn man aus einem anderen Kulturkreis kommt und eine andere Muttersprache hat und in die deutsche Seelsorge reinkommt. Gibt's da Voraussetzungen, bei denen Sie sagen: Die muss so ein Gastpriester auf jeden Fall erfüllen, wenn er nach Deutschland kommen möchte? 

Knoller: Also grundsätzlich haben wir umfangreiche Bewerbungsverfahren, die auf Papier laufen. Und die Bewerber müssen auf alle Fälle ihre Deutschkenntnisse zumindest durch Vorlage eines Zeugnisses nachweisen - und zwar da am besten B1 oder besser haben.

DOMRADIO.DE: Wie werden die Gastpriester dann von den Gemeinden betreut? 

Knoller: Vor Ort ist es dann meistens so, dass sie angeleitet werden, meist über das Pfarrbüro, die Mesner oder eventuelle Ehrenamtliche oder Personen, bei denen sie untergebracht sind, weil sie ja nicht immer auch im Pfarrhaus untergebracht sind. Und die helfen ihnen dann, erklären die Notwendigkeiten und die Besonderheiten vor Ort und begleiten sie auch. Oder manche übernehmen dann auch den Fahrdienst, weil wir ja zum Teil große Einheiten haben, wo dann mehrere Pfarreien betreut werden müssen und die Priester ja von A nach B kommen müssen. 

DOMRADIO.DE: Was ist in den Urlaubsvertretungen die größte Herausforderung? Einmal für die Priester, dann aber auch für die Gemeinden. 

Knoller: Also grundsätzlich ist es für die Pfarreien eine Herausforderung, sich für kurze Zeit auf jemanden einzustellen, der anders denkt, lebt, andere Sitten und Bräuche hat und die deutsche Sprache nicht fließend spricht. Und für den Aushilfspriester ist es natürlich auch komplettes Neuland, zumal wenn er zum ersten Mal kommt. Er kennt sich zwar in der katholischen Kirche aus und er kann Messe lesen und so weiter. Dieses ist ihm alles geläufig. Aber es gibt ja doch Spezialitäten vor Ort oder auch überhaupt im deutschen Bereich. Und er muss sich praktisch auf all das einlassen und warten, was auf ihn zukommt. 

DOMRADIO.DE: Haben Sie da vielleicht ein konkretes Beispiel, vielleicht an einer Beerdigung oder sowas, wo Sie das mal festmachen können, wo da die Herausforderungen sind? 

Knoller: Es ist ja erst mal ganz wichtig, eben mit den Trauernden das Gespräch zu führen, um dann auch eine Traueransprache zu fertigen. Und das ist natürlich die große Herausforderung, wenn man des Deutschen nicht so mächtig ist und wenn man die Kultur von Deutschland noch nicht kennt. Und dann, gerade in so einer besonderen Situation, muss man halt als Seelsorger gut reagieren und das ist schon eine totale Herausforderung. Ich persönlich habe da jedes Mal große Hochachtung. 

DOMRADIO.DE: Aber es gibt bestimmt ja auch positive Impulse, die aus diesem kurzen seelsorglichen Gastspiel hervorgehen. 

Knoller: Also für die Pfarreien oder die Menschen in den Pfarreien, denke ich, bekommt Weltkirche damit ein konkretes Gesicht. Es wird sichtbar, dass wir als katholische Kirche auch Weltkirche sind und wir können uns gegenseitig mit solchen Einsätzen kennenlernen. Wir profitieren auch von dem, was die Aushilfspriester erzählen. Wir lernen wahrscheinlich dann auch die Besonderheiten aus deren Seelsorgearbeit in ihrer eigenen Heimat kennen und man hat die Möglichkeit, auf diese Art und Weise sie auch zu unterstützen oder auch ein konkretes Projekt in Absprache mit dem Weltkirchenreferat zu starten.

Das Interview führte Gerald Mayer. 

Bistum Augsburg

Augsburger Dom / © Tatsuo Nakamura (shutterstock)

Das Bistum Augsburg zählt mit knapp 1,3 Millionen Katholiken zu den großen deutschen Diözesen. Gemessen an Mitgliederzahl und Finanzkraft ist es das zweitgrößte in Bayern. Es umfasst rund 13.700 Quadratkilometer und erstreckt sich von Neu-Ulm bis zum Starnberger See und vom Donau-Ries bis zu den Allgäuer Alpen. Die rund 1.000 Pfarreien werden seit 2012 und noch bis 2025 zu rund 200 Pfarreiengemeinschaften zusammengeführt.

Quelle:
DR