In der evangelischen Kirche gab es in den 1930er Jahren einzelne "Einsegnungen" von Theologinnen in der Bekennenden Kirche. 1943 wurden Ilse Härter und Hannelotte Reiffen als erste Frauen von Präses Kurt Scharf ins volle Pfarramt ordiniert. Bis zur völligen Gleichberechtigung dauerte es aber noch einige Jahrzehnte - so galt bis 1974 für Pastorinnen in der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) die Verpflichtung der Ehelosigkeit. Als letzte in der EKD führte die Landeskirche von Schaumburg-Lippe 1991 die Frauenordination ein. In der Anglikanischen Gemeinschaft gibt es unterschiedliche Haltungen zur Weihe von Frauen, von der grundsätzlichen Ablehnung bis zur Erlaubnis der Weihe zum Diakonats-, Priester- oder Bischofsamt. In Kanada, den USA und Neuseeland wurden seit 1976/77 Priesterinnen geweiht, die erste anglikanische Bischöfin war Barbara Clementine Harris, die 1989 zur Suffraganbischöfin der Episcopal Diocese of Massachusetts geweiht wurde.
In den altkatholischen Kirchen, die sich 1870 von der römisch-katholischen Kirche getrennt hatten, herrschte bis in die 1970er Jahre die Ablehnung der Frauenordination vor. 1987 wurden in der Schweiz die ersten vier Frauen zu Diakoninnen geweiht, 1988 die erste Frau in Deutschland. Die ersten Weihen von Priesterinnen folgten 1996. Dies führte zum Bruch der Utrechter Union, weil vor allem die Altkatholiken in Polen diese Entscheidung nicht mittrugen. In der katholischen Kirche versuchte Papst Johannes Paul II. 1994 durch das Apostolische Schreiben "Ordinatio sacerdotalis" die Debatte um eine Frauenpriesterweihe mit einer endgültigen Absage zu beenden. Papst Franziskus belebte sie neu, indem er 2016 eine Kommission zur historischen Erforschung des Diakoninnenamtes einsetzte. (KNA, 17.5.19)
15.11.2020
Am Ende der Herbstvollversammlung steht ein eindeutiges Votum. Das Landeskomitee der Katholiken in Bayern fordert die volle Gleichberechtigung von Frauen. Zuvor breitet eine Seelsorgerin Verletzungsgeschichten aus.
Die Frauenfrage in der katholischen Kirche ist nicht erst im 20. Jahrhundert aufgebrochen. "Ich werfe unserer Zeit vor, dass sie starke und zu allem Guten begabte Geister zurückstößt, nur weil es sich um Frauen handelt", stellte die spanische Mystikerin und Kirchenlehrerin Teresa von Avila fest. Das ist fast 500 Jahre her.
Reale Erfahrungen statt theologischer Kontroversen
Das Landeskomitee der Katholiken in Bayern behandelte das Thema bei seiner erstmals digital abgehaltenen Herbstvollversammlung am Wochenende aus ungewohntem Blickwinkel: Es ging einmal nicht um theologische Kontroversen, sondern um reale Erfahrungen von Frauen in der Kirche.
Die Erlöserschwester Sara Thiel präsentierte in ihrem Impulsreferat eine Reihe von, wie sie es nannte, "Verletzungsgeschichten" aus ihrer Praxis als Seelsorgerin in einer Münchner Pfarrei. Die Pastoralreferentin berichtete von Frauen, die als Mädchen nicht ministrieren durften. Die Erlaubnis dafür aus Rom kam erst 1992.
Andere seien als "Verführerinnen" von Priestern abqualifiziert worden. Vor allem ältere Frauen hätten ihr von entwürdigenden Befragungen zu ihrem Sexualleben im Beichtstuhl erzählt. Neben sexualisierter Gewalt sei spiritueller Machtmissbrauch in der Kirche bisher noch völlig unterbelichtet.
Abhängigkeit von Geweihten
Während des Lockdowns im Frühjahr hätten auch gestandene Klosterfrauen ihre Abhängigkeit von geweihten Männern zu spüren bekommen, sagte die Ordensfrau. So sei es manchen Konventen nicht möglich gewesen, an Ostern eine Messe zu feiern, "weil kein Priester kommen konnte". Sie selbst predige regelmäßig, auch an Hochfesten, im Gottesdienst, "aber immer unter dem Damoklesschwert, dass es offiziell nicht erlaubt ist".
In ihrer Pfarrei erhält jedes Kirchenmitglied, das ausgetreten ist, einen Brief mit der Bitte, Gründe für diese Entscheidung anzugeben.
Immerhin ein Viertel antwortet. Vor allem junge Katholikinnen verwiesen dann oft auf den Ausschluss der Frauen vom Weiheamt. So habe eine Mutter geschrieben, sie könne ihre Tochter nicht in eine Gesellschaft hinein erziehen, in der selbstverständlich Gleichberechtigung herrsche, und dabei selber in einer Gemeinschaft bleiben, in der das nicht der Fall sei.
Kein Pragmatismus, sondern eine theologische Grundsatzentscheidung
Die Theologin warb dafür, diese Verletzungsgeschichten wahrzunehmen und "gegen eine Kultur der Angst das offene Wort zu wagen". Bei der Frauenfrage gehe es nicht um Pragmatismus, sondern um eine theologische Grundsatzentscheidung, nämlich die, dass Frauen wie Männer Gottes Ebenbilder seien. In der Debatte um die Weihe könnte aus ihrer Sicht ein Perspektivwechsel helfen. Statt Gleichberechtigung im Zugang zu Ämtern zu fordern, sollte stärker in den Blick genommen werden, dass sich viele Menschen Seelsorgerinnen wünschten.
Dass in der katholischen Kirche in Sachen Frauenbeteiligung noch gar nichts passiert sei, lässt sich indes nicht behaupten. In vielen Bistumsverwaltungen gibt es inzwischen weiblich besetzte Leitungsposten, im Münchner Ordinariat sogar eine Amtschefin. Dies wurde im Landeskomitee positiv gewürdigt.
Wie präsent sind Frauen in kirchlichen Gremien?
Auch gab es interessante Zahlen zur weiblichen Präsenz in kirchlichen Wahlgremien. Demnach dominieren Frauen mittlerweile die Pfarrgemeinderäte in allen sieben bayerischen Diözesen und haben auch mehrheitlich den Vorsitz inne. In den Kirchenverwaltungen aber, wo es ums Geld geht, sind Frauen nach wie vor stark unterrepräsentiert, stellen sie nicht einmal ein Viertel aller Mitglieder. Auf eine Kirchenpflegerin kommen sogar sechs männliche Kollegen.
So ein Kulturwandel braucht seine Zeit, das weiß man auch in Bayerns oberstem Katholikenkomitee. Schließlich ist auch in der Gesellschaft das, was im Grundgesetz steht, noch nicht vollständig verwirklicht. So erhöhte sich der Anteil von Frauen in Vorständen von Dax-Konzernen in den letzten vier Jahren gerade mal von sechs auf zehn Prozent.
Ginge es in diesem Tempo weiter, wäre Parität erst in gut 30 Jahren erreicht, rechnete Stephanie Feder vom Bonner Hildegardisverein vor, der Frauenförderprogramme in der katholischen Kirche vorantreibt.
In der evangelischen Kirche gab es in den 1930er Jahren einzelne "Einsegnungen" von Theologinnen in der Bekennenden Kirche. 1943 wurden Ilse Härter und Hannelotte Reiffen als erste Frauen von Präses Kurt Scharf ins volle Pfarramt ordiniert. Bis zur völligen Gleichberechtigung dauerte es aber noch einige Jahrzehnte - so galt bis 1974 für Pastorinnen in der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) die Verpflichtung der Ehelosigkeit. Als letzte in der EKD führte die Landeskirche von Schaumburg-Lippe 1991 die Frauenordination ein. In der Anglikanischen Gemeinschaft gibt es unterschiedliche Haltungen zur Weihe von Frauen, von der grundsätzlichen Ablehnung bis zur Erlaubnis der Weihe zum Diakonats-, Priester- oder Bischofsamt. In Kanada, den USA und Neuseeland wurden seit 1976/77 Priesterinnen geweiht, die erste anglikanische Bischöfin war Barbara Clementine Harris, die 1989 zur Suffraganbischöfin der Episcopal Diocese of Massachusetts geweiht wurde.
In den altkatholischen Kirchen, die sich 1870 von der römisch-katholischen Kirche getrennt hatten, herrschte bis in die 1970er Jahre die Ablehnung der Frauenordination vor. 1987 wurden in der Schweiz die ersten vier Frauen zu Diakoninnen geweiht, 1988 die erste Frau in Deutschland. Die ersten Weihen von Priesterinnen folgten 1996. Dies führte zum Bruch der Utrechter Union, weil vor allem die Altkatholiken in Polen diese Entscheidung nicht mittrugen. In der katholischen Kirche versuchte Papst Johannes Paul II. 1994 durch das Apostolische Schreiben "Ordinatio sacerdotalis" die Debatte um eine Frauenpriesterweihe mit einer endgültigen Absage zu beenden. Papst Franziskus belebte sie neu, indem er 2016 eine Kommission zur historischen Erforschung des Diakoninnenamtes einsetzte. (KNA, 17.5.19)