Pflicht, Opfer, Vaterland: Als Hunderttausende katholischer deutscher Soldaten ab 1. September 1939 in den Zweiten Weltkrieg zogen, vermieden die meisten Bischöfe politische Stellungnahmen. Einzig der Münsteraner Bischof Clemens August von Galen rechtfertigte den Krieg unter Verweis auf den "ungerechten Gewaltfrieden" von Versailles 1918.
Während Holocaust und Vernichtungskrieg alles bisher Dagewesene in den Schatten stellten, dachten die Bischöfe noch in den alten Kategorien vom gerechten Krieg und der Treue zur von Gott gesetzten Obrigkeit. Kein Gedanke daran, dass die Kirche den Krieg verurteilen könnte. Katholische Kriegsdienstverweigerer, denen die Hinrichtung drohte, wurden allein gelassen.
Selbst der Terror gegen das - katholische - Polen führte nur zu verklausulierten Eingaben der Bischöfe. Für sie waren diese Verbrechen ein Vorgeschmack darauf, was den deutschen Katholiken blühen könnte. Insbesondere Kardinal Adolf Bertram, der Vorsitzende der Bischofskonferenz, wollte deshalb keine Konfrontation riskieren.
Öffentliche Zustimmung fand der Angriff auf die Sowjetunion: Galen sprach vom Kampf gegen den gottlosen Bolschewismus. Der Paderborner Erzbischof Lorenz Jaeger bezeichnete Russland als einen "Tummelplatz von Menschen, die durch ihren Christushass fast zu Tieren entartet sind". (kna)
04.09.2017
Ein neues Forschungsprojekt untersucht Leben und Wirken des früheren Paderborner Erzbischofs Lorenz Jaeger. Dabei wird auch die Rolle des Kardinals im Dritten Reich erforscht, um die es in den letzten Jahren öffentliche Kontroversen gab.
Dies erläuterte die Vorsitzende der Kommission für Kirchliche Zeitgeschichte im Erzbistum Paderborn, Nicole Priesching, im Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur am Montag in Paderborn.
Jaeger (1892-1975) sei dabei "mitunter als Nazi-Kollaborateur bezeichnet", sagte die Leiterin des auf sechs Jahre angelegten Projekts. 2015 sei in Paderborn ein "heftiger Streit" um die Ehrenbürgerwürde des Kardinals ausgetragen worden; einen Antrag auf Aberkennung habe die CDU-FDP-Mehrheit im Stadtrat schließlich abgelehnt.
Wissenschaftliche Erforschung
Daraufhin habe Erzbischof Hans-Josef Becker der Theologischen Fakultät Paderborn den Auftrag erteilt, die Rolle Jaegers im Nationalsozialismus wissenschaftlich zu erforschen. "Unser Forschungsprojekt wird die Erkenntnisse aus diesem ersten Projekt aufnehmen können und in den größeren Kontext seiner Biografie einordnen. Warten wir also ab, was dabei herauskommen wird", so Priesching.
Basis des interdisziplinären Forschungsprojekts mit 40 Wissenschaftlern ist der inzwischen durch das Erzbischöfliche Diözesanarchiv geordnete Nachlass des Erzbischofs, erläuterte die Kirchenhistorikerin. "Etwa 70 Regalmeter warten darauf, gesichtet und ausgewertet zu werden. Dies ist nur mit vereinten Kräften sinnvoll möglich."
Von 1941 bis 1973 Paderborner Erzbischof
Jaeger, dessen Geburtstag sich am 23. September zum 125. Mal jährt, sei "eine der prägendsten Gestalten des deutschen Katholizismus", erklärte die Wissenschaftlerin. Er war von 1941 bis 1973 Paderborner Erzbischof und nahm am Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) sowie der Würzburger Synode (1971-1975) teil. 1957 gründete er das Paderborner Johann-Adam-Möhler-Institut für Ökumenik und war Mitinitiator und Mitglied des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen.
"Insofern werden wir durch das Forschungsprojekt sowohl Aufschlüsse über die Entwicklung des Erzbistums Paderborn als auch Einsichten zur allgemeinen Kultur-, Zeit- und Kirchengeschichte gewinnen", sagte Priesching. Jaeger sei auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene zu finden. "Diese Vielschichtigkeit gilt es zu entdecken und darzustellen."
Pflicht, Opfer, Vaterland: Als Hunderttausende katholischer deutscher Soldaten ab 1. September 1939 in den Zweiten Weltkrieg zogen, vermieden die meisten Bischöfe politische Stellungnahmen. Einzig der Münsteraner Bischof Clemens August von Galen rechtfertigte den Krieg unter Verweis auf den "ungerechten Gewaltfrieden" von Versailles 1918.
Während Holocaust und Vernichtungskrieg alles bisher Dagewesene in den Schatten stellten, dachten die Bischöfe noch in den alten Kategorien vom gerechten Krieg und der Treue zur von Gott gesetzten Obrigkeit. Kein Gedanke daran, dass die Kirche den Krieg verurteilen könnte. Katholische Kriegsdienstverweigerer, denen die Hinrichtung drohte, wurden allein gelassen.
Selbst der Terror gegen das - katholische - Polen führte nur zu verklausulierten Eingaben der Bischöfe. Für sie waren diese Verbrechen ein Vorgeschmack darauf, was den deutschen Katholiken blühen könnte. Insbesondere Kardinal Adolf Bertram, der Vorsitzende der Bischofskonferenz, wollte deshalb keine Konfrontation riskieren.
Öffentliche Zustimmung fand der Angriff auf die Sowjetunion: Galen sprach vom Kampf gegen den gottlosen Bolschewismus. Der Paderborner Erzbischof Lorenz Jaeger bezeichnete Russland als einen "Tummelplatz von Menschen, die durch ihren Christushass fast zu Tieren entartet sind". (kna)