Erneut Debatte über Werbeverbot für Abtreibungen und Ärzteliste

"Faktische Desinformation"

Seit einer Woche ist eine Ärzteliste online. Möglich gemacht hatte die Liste, ein Kompromiss der Koalitionsfraktionen. Das Zentralkomitee der Katholiken hält ihn für tragfähig. Doch nun könnte dieser Kompromiss fallen.

Paragraf 219a: Bundesregierung einigt sich auf Kompromiss  / © Silas Stein (dpa)
Paragraf 219a: Bundesregierung einigt sich auf Kompromiss / © Silas Stein ( dpa )

Die Debatte über eine Reform des Werbeverbots für Abtreibungen und die neue Liste mit Abtreibungspraxen dauert an. "Die Liste der Bundesärztekammer in der nun veröffentlichten Form ist faktische Desinformation", sagte die SPD-Bundestagsabgeordnete Nina Scheer dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Montag).

"Da der gefundene Kompromiss weder die benötigte Informations- noch Rechtssicherheit gewährleisten kann, besteht weitergehender Handlungsbedarf." Paragraf 219a des Strafgesetzbuches müsse gestrichen werden, "um weiteren Schaden sowohl von Ärztinnen und Ärzten als auch betroffenen Frauen abzuwenden".

Neue Ärzteliste

Seit etwa einer Woche ist eine Liste mit den Adressen von Abtreibungsärzten online, auf die sich die Koalitionsfraktionen bei der Reform des Werbeverbots für Abtreibungen geeinigt hatten. Bislang haben sich aber nur rund 90 Ärzte auf die Liste setzen lassen.

Die Bundesärztekammer erklärte, die Liste sei im Aufbau und werde monatlich aktualisiert. Ärzte befürchten, sich bei einer Aufnahme auf die Liste zur Zielscheibe für Abtreibungsgegner zu machen.

ZdK: Tragfähiger Kompromiss

Unterschiedliche Reaktionen auf den Kompromiss gab es seinerzeit innerhalb der katholischen Kirche: Die Deutsche Bischofskonferenz erklärte, die Reform sei überflüssig, weil es bereits ausreichend Informationen gebe. Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) sprach von einem tragfähigen Kompromiss.

Linke, Grüne und FDP gegen §219a

Die Linken-Politikerin Cornelia Möhring sagte den Zeitungen, ihre Partei sei bereit, Paragraf 219a "endlich ersatzlos zu streichen".

Eine Mehrheit mit Grünen und FDP stehe. "Wenn die SPD sich nicht weiter selber im Weg steht und Nina Scheer mit ihrer Forderung nicht nur Wahlkampf um den SPD-Vorsitz machen will, kann der unsägliche Paragraf umgehend aus dem Strafgesetzbuch fliegen."

Kompromiss könnte noch fallen

Ulle Schauws (Grüne) sagte, glaubwürdig sei der Vorstoß zur Aufkündigung des "unsäglichen Kompromisses" nur, wenn in den nächsten Woche die SPD-Fraktion im Bundestag einen Antrag zur ersatzlosen Streichung des Paragrafen zur Abstimmung einbringen würde.

Andere Mitglieder der SPD-Fraktion zeigten sich zurückhaltender als Scheer. Die Liste mit wenigen Ärzten sei "keine große Hilfe" für Frauen, sagte Johannes Fechner. "Es wäre besser gewesen, den Tatbestand des 219a deutlicher zu reduzieren und nur das offensive Werben für Abtreibungen strafrechtlich zu belangen." Dennoch sei es richtig gewesen, den Kompromiss mit der Union einzugehen.


Fahne des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) / © Julia Steinbrecht (KNA)
Fahne des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) / © Julia Steinbrecht ( KNA )
Quelle:
KNA