Ein Kommentar zur Situation der Kirche

J. M. war unser Steuermann

Vier Tage lang tagten die deutschen Bischöfe auf ihrer Vollversammlung in Trier. Die Ergebnisse können sich sehen lassen. Ein Kommentar von domradio.de-Chefredakteur Ingo Brüggenjürgen.

Ingo Brüggenjürgen / © Ide Lödige (DR)
Ingo Brüggenjürgen / © Ide Lödige ( DR )

Bei Fontane war bekanntlich John Maynard der Steuermann, der das rettende Ufer erreichte. Bei der gerade zu Ende gegangenen Frühjahrsvollversammlung der Bischöfe hieß der Steuermann Joachim Meisner. Der Kölner Kardinal hatte in der Frage um den rechten Kurs bei der „Pille danach“ die Richtung vorgegeben und seine Brüder im bischöflichen Amt folgten ihm. Wenn die Pille nur verhütet, nicht aber abtreibt, darf sie künftig vergewaltigten Frauen auch bundesweit in katholischen Krankenhäusern verabreicht und von katholischen Ärzten verschrieben werden. Dieses Beispiel könnte Schule machen: Die Kirche hält klaren Kurs. In diesem Fall in Sachen Lebensschutz vom Anfang bis zum Ende. Und die Kirche gibt die notwendigen Leitplanken vor. Aber die kirchlichen Vorschriften regeln nicht das sich täglich ändernde Kleingedruckte bis unter den hinterletzten Bettzipfel. Die Bischöfe lernten ihre Lektion schnell, berücksichtigten neueste medizinische Möglichkeiten und Erkenntnisse. Sie gaben die komplizierte Beurteilung zurück an die dafür zuständigen Fachleute. Sie stärkten und forderten gleichzeitig die gut geprüfte Gewissensentscheidung jedes Betroffenen. Eine schwierige Nebelwand, die plötzlich wie aus dem Nichts kam und vor wenigen Wochen gar nicht auf der bischöflichen Tagesordnung stand, wurde so dank kluger und guter Führung elegant durchschifft. Dem ersten Steuermann J.M. sei Dank!

Wie bei der Aufklärung der kirchlichen Missbrauchsfälle war es aber auch diesmal der öffentliche Druck, der den oft quälend langen kirchlichen Entscheidungswegen Beine machte. Auch für diesen wenig schnell voranschreitenden und unsicheren Schlingerkurs gab es bei den jüngsten Beratungen der Bischöfe in Trier leider Beispiele: Schon vor 50 Jahren hatte Papst Johannes XXIII. im Hinblick auf die Frauenfrage angemahnt, die Zeichen der Zeit richtig zu erkennen. Vor 32 Jahren veröffentlichten die deutschen Bischöfe dann ein Wort „Zu Fragen der Stellung der Frau in der Kirche“. Diesmal reichte es gerade für eine dünne und wenig verbindliche Erklärung über „Das Zusammenwirken von Frauen und Männern im Dienst und Leben der Kirche“. Man setzt auf „freiwillige Verpflichtungen“, und, das darf man sich ruhig auf der Zunge zergehen lassen: “In fünf Jahren schauen wir, wie weit wir gekommen sind!“ So steht das wirklich im Pressebericht! Meiner 18-jährigen Tochter werde ich das mit dem Fünfjahresplan für die Frauen in der Kirche besser nicht erzählen. Bei unserem letzten familieninternen Disput zu diesen Fragen kam von ihr der spitze Hinweis: „Wenn das zu Jesu Zeiten alles so gut und richtig war, dann können die Bischöfe doch heute vielleicht auch besser wieder auf einem Esel reiten …“ Die eigene Brut!

Gottlob: Das neue Gotteslob ist da

Aber manches, was lange währt, wird dann doch hoffentlich gut. Auch dafür gab es in Trier ein Beispiel: Nach zwölf Jahren harter Arbeit wurde den Journalisten vom sichtbar stolzen zuständigen Würzburger Bischof Hofmann endlich der Stammteil des neuen Gebet- und Gesangbuchs "Gotteslob" vorgelegt. Gottlob, das ist vermutlich ein Erfolg, der recht lange das konkrete Leben der Katholiken beeinflussen wird – das alte Gotteslob ist immerhin schon 38 Jahre im Dienst!

Und welchen Eindruck haben die Bischöfe bei der Trierer Bevölkerung hinterlassen? Eine alteingesessene Triererin, die schon das letzte Treffen der Bischöfe in Trier vor 30 Jahren selber miterlebt hat, bemerkte trocken: „Die heutigen Bischöfe machen hier doch ein kleines Konklave – so wie die sich vor uns abschotten und verstecken!“ Wer diesmal die vier Tage vor Ort war, kann auch da kaum widersprechen. Bischöfe, die im privaten Hotel hinter hohen Mauern schlafen und tagen, und so fast unsichtbar bleiben, die sich durch Ordner und Polizei systematisch abschirmen lassen und nur mit Polizeieskorte durch die Stadt zu ihren Gottesdiensten gefahren werden, vermitteln leider wirklich nicht unbedingt den Eindruck, dass sie für die Menschen in dieser Welt eine Frohe Botschaft haben.