Erzbischof Schick über das antimuslimische Video

Gegen Missbrauch der Religion

In Fulda haben die Bischöfe bei ihrer Herbstvollversammlung über die Lage bedrängter Christen weltweit beraten. Das Anti-Islam-Video habe für Verunsicherung im interreligiösen Dialog geführt, berichtet Erzbischof Schick im domradio.de-Interview.

 (DR)

Es habe alte Ressentiments wieder aufleben lassen. Die durch das Video entfachten Unruhen sollten zum verstärkten Dialog zwischen den Religion anspornen, so Schick. Religion solle als Quelle des Friedens dienen und nicht als Quelle des Unfriedens. Der Bamberger Erzbischof ist Vorsitzender der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz.  



Zur Herbstvollversammlung war der nigerianische Erzbischof Ignatius Kaigama (54) eingeladen. Er warnte vor einer weiteren Eskalation der Gewalt in seinem Land. "Wir sind nicht im Krieg, aber am Rande eines Krieges", sagte der Vorsitzende der katholischen Bischofskonferenz des Landes am Donnerstag in Fulda. Kaigama rief die internationale Gemeinschaft auf, Druck auf die nigerianische Regierung auszuüben, damit Gewalt und Korruption bekämpft würden. Nur so könne ein friedliches Zusammenleben in dem Land gewährleistet werden.



Als Fortschritt wertete es der Geistliche, dass es bei den Demonstrationen gegen das Islam-Video in Nigeria keine Eskalation der Gewalt gegeben habe. Die muslimischen Führer hätten zu Besonnenheit aufgerufen. Möglicherweise führe die Bedrohung durch die islamistische Sekte Boko Haram auch dazu, dass Religionsvertreter näher zusammen rückten.



Nigerianischer Erzbischof wirft Regierung Versagen vor

Der Erzbischof warf der Regierung Nigerias und den staatlichen Sicherheitskräften Versagen im Kampf gegen Boko Haram vor. Die Regierung sei offenbar nicht imstande, die öffentliche Sicherheit zu garantieren und aufzuklären, woher Boko Haram Geld und Waffen beziehe. Vor allem sollten die Behörden die Finanziers, die teils aus Nigeria, teils aus dem Ausland kämen, aufdecken. Diese seien für die immer bessere Versorgung mit Waffen verantwortlich.



Der Erzbischof bekräftigte zugleich, dass die Konflikte im Land nicht in erster Linie religiöser Natur seien, sondern eine Vielzahl sozialer und wirtschaftlicher Ursachen hätten. Religion sei nur ein Faktor. Allerdings führe die Gewalt von Boko Haram zu wachsenden Spannungen und Misstrauen zwischen Christen und Muslimen sowie zwischen Nord und Süd. Vordringlich sei es, den rund 25 Millionen jungen Nigerianern ohne feste Arbeit eine Perspektive zu bieten. Auch müssten die Korruption bekämpft und die Reichtümer des Landes besser verteilt werden.



Für einen Dialog mit Boko Haram sieht der Vorsitzende der Nigerianischen Bischofskonferenz derzeit wenig Chancen. Es handle sich um eine gesichtslose Vereinigung, die mit größter Gewalt agiere und äußerst schwer zu fassen sei, sagte der Erzbischof von Jos im östlichen Zentralnigeria. Ihre Gewalt richte sich gegen Regierungsvertreter und Christen, aber auch gegen liberale Muslime. Bei dem Anschlag eines Selbstmordattentäters auf die katholische Kathedrale von Bauchi war am Sonntag mindestens ein Mensch getötet und mehrere verletzt worden.



"Boko Haram" bedeutet etwa soviel wie "Westliche Bildung ist Sünde". Die Gruppe will einen islamischen Gottesstaat in Nigeria errichten. Auf ihr Konto gehen zahlreiche Anschläge unter anderem auf christliche Kirchen. Nigeria ist mit rund 155 Millionen Einwohnern der bevölkerungsreichste Staat Afrikas. Über die Hälfte der Einwohner bekennt sich zum Islam; der Anteil der Christen in Nigeria wird mit 40, teils mit rund 48 Prozent angegeben. Vor allem der Norden ist fast ausschließlich islamisch, der Süden vorwiegend christlich geprägt.