Erzbischof Woelki über seine Berufung zum Kardinal

"Manchmal muss man sich kneifen"

Am Samstag hat Papst Benedikt XVI. Rainer Maria Woelki zusammen mit 21 weiteren katholischen Geistlichen in den Kardinalsrang erhoben. Was bedeutet dem Berliner Erzbischof die Berufung ins wichtigste päpstliche Beratergremium?

 (DR)

KNA: Herr Erzbischof, haben Sie Ihr neues Kardinalsgewand schon anprobiert?

Woelki: Für die offiziellen Fotos, die nun zu machen sind, habe ich es schon angezogen.



KNA: Wie fühlen Sie sich darin?

Woelki: Es ist noch ziemlich ungewohnt, und ich muss noch ein bisschen hineinwachsen.



KNA: Noch vor einem Jahr waren Sie Kölner Weihbischof, bald gehören Sie dem wichtigsten Beratergremium des Papstes an. Wie gehen Sie mit diesem rasanten Aufstieg um?

Woelki: In der Tat, vor einem Jahr war ich noch ganz entspannt im Erzbistum Köln unterwegs, habe dort Gemeinden besucht und Jugendliche gefirmt. Da war noch gar kein Gedanke an das, was dann gekommen ist. Manchmal ist es wirklich wie im Traum, und man muss sich kneifen, ob das überhaupt etwas mit der Realität zu tun hat.



KNA: Wie kommen Ihre Eltern und Verwandten damit klar?

Woelki: Sie tun sich ein bisschen schwer damit. Meine Eltern freuen sich natürlich, aber es ist ihnen doch auch etwas fremd, dass ihr Sohn nun diese Aufgabe zu erfüllen hat.



KNA: Ist die Ernennung zum Kardinal für Sie eher eine Freude oder eher eine Last?

Woelki: Ich empfinde es zunächst einmal als Auszeichnung für das Berliner Erzbistum und die Katholiken, die lange Zeit in einer schwierigen Situation gelebt haben. Für mich selber ist es natürlich eine Freude, dass mich der Papst dazu berufen hat. Auf der anderen Seite ist es auch eine Bürde, weil die damit verbundene Verantwortung, etwa einen Papst mitzuwählen, groß ist.



KNA: Auch Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit und weitere politische Spitzenvertreter kommen nach Rom. Was bedeutet ihnen das?

Woelki: Ich freue mich, dass auch unsere politisch Verantwortlichen das zu würdigen wissen. Es hat weniger mit meiner Person zu tun, sondern ist eine Wertschätzung der Kirche von Berlin. Für mich ist es ein wichtiges Zeichen, dass sie uns als relevante Gruppe in der Gesellschaft wahrnehmen.



KNA: Wie fühlen Sie sich als demnächst jüngstes Mitglied im Kardinalskollegium?

Woelki: Ich musste erst mal schmunzeln, dass ich mit Mitte 50 noch verjüngend wirken kann auf eine Gruppe. Das Privileg, jung zu sein, wird aber mit jedem Tag weniger.



KNA: Was bedeutet Ihnen das Kardinalsrot als klassisches Symbol?

Woelki: Mich erinnert es an das Blut der ersten Märtyrer. Ein Kardinal soll in besonderer Weise Zeuge des Evangeliums sein. Das wird der Papst am Tag des Konsistoriums in lateinischer Sprache sagen. Mein Wappenspruch lautet: Nos sumus testes, auf Deutsch: Wir sind Zeugen. Das Kardinalsrot wird mich an dieses bischöfliche Wahlwort täglich erinnern.



KNA: Inwieweit kennen Sie Papst Benedikt XVI. persönlich?

Woelki: Bei einem Besuch in Rom durfte ich ihn als Leiter einer Jugendgruppe bei einer Begegnung begrüßen, als er noch Kardinal war. Ich bin ihm häufiger in der Zeit begegnet, als ich Sekretär von Kardinal Meisner war. Wesentlich kenne ich ihn aus seinem theologischen Werk.



KNA: Was haben Sie sich als Kardinal vorgenommen?

Woelki: Es wird die große Herausforderung sein, dem Evangelium eine konkrete Gestalt für unsere Zeit zu geben. Unsere Botschaft ist, dass jeder unabhängig von Bildung und wirtschaftlicher Situation bedingungslos von Gott geliebt und angenommen ist. Daran müssen wir uns ausrichten bei allem innerkirchlichen Streit, der auch ausgetragen werden muss.



KNA: Sie haben angekündigt, die Ernennung zum Kardinal auch mit armen Berlinern zu feiern. Was planen Sie?

Woelki: Ich möchte an einem Tag Obdachlose und Bedürftige zum Mittagessen einladen und auch mit ihnen feiern. Die genaue Planung ist noch nicht abgeschlossen. Der Bischof war in der Geschichte der Kirche immer auch der Vater der Armen. Mit dieser Einladung will ich deutlich machen, dass auch sie zu uns gehören und ein Recht darauf haben, mit uns zu feiern.



Das Gespräch führte Gregor Krumpholz.