Katholische Bischöfe zu Besuch beim Kirchentag

Nur ökumenisch eine Zukunft?

Auf dem Evangelischen Kirchentag haben Reinhard Kardinal Marx und Bischof Franz Josef Overbeck über die Zukunft der Kirche gesprochen. Nach ihrer Auffassung müsse man mehr von Gott reden und könne sich nur ökumenisch behaupten.

Welche christlichen Werte sind für die katholische Kirche in Zukunft wichtig? / © Harald Oppitz (KNA)
Welche christlichen Werte sind für die katholische Kirche in Zukunft wichtig? / © Harald Oppitz ( KNA )

Die Kirchen müssen nach Auffassung des Vorsitzenden der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Reinhard Kardinal Marx, lernen, auf eine tiefere Weise von Gott zu sprechen. Wenn dies gelinge, erledigten sich manche kirchentrennenden Probleme von selbst, sagte der Münchner Erzbischof am Freitag bei einer Bibelarbeit des Kirchentags in Dortmund. Für ihn selbst sei die "Unbegreiflichkeit Gottes" im Laufe seines Lebens immer größer geworden. Marx sprach sich für eine "tastende Theologie" aus, die nicht mit dem Gestus daherkomme, immer alles wissen zu wollen.

Glaube "der alles für möglich hält"

Zu der alttestamentlichen Bibelstelle des Opfers Abrahams sagte der Kardinal, es gehe dabei nicht um die Tötung des Sohnes Isaak, sondern um das Vertrauen Abrahams angesichts der Unbegreiflichkeit Gottes. Dieser handele nicht aus einem blinden Gehorsam, sondern aus einem Glauben, "der alles für möglich hält". Die Vorstellung eines Gottes, der herausfordere und vom Menschen die Bereitschaft erwarte, sich auf völlig Neues einzulassen, sei wie ein Leitmotiv der europäischen Kultur, sagte Marx mit Verweis auf den Ägyptologen Jan Assmann. Auch die Kirche müsse in diesem Sinne immer weiter voranschreiten.

Kardinal Marx betonte, dass es eine Herausforderung sei, immer neu den Aufbruch zu wagen, neu über Gott zu denken. Das Wort von Augustinus – "Wer liebt, bricht auf" – drücke aus, worauf es Abraham ankam und was heute für die Kirchen wichtig sei: "Wer liebt, bricht auf und bleibt nicht sitzen. Wir müssen neugierig auf den Anruf Gottes sein. Eine Kirche, die selbstreferenziell ist, die nur sich sieht, die nur um sich kreist, wird nicht aufbrechen, sie wird nicht zum Segen werden. Haben wir die Kraft – auch als Kirchen –, durch Schwierigkeiten hindurch zu gehen? Auch wenn uns manche Zumutungen des Lebens und Zumutungen Gottes unbegreiflich erscheinen, so sind wir doch aufgerufen, das auszuhalten und uns zu bewähren“, sagte Kardinal Marx. Die Lernerfahrung Abrahams, die die Menschen übernehmen könnten, sei das Leben in einem Horizont Gottes: "Es ist ein Gott, der mich nicht aus den Augen lässt, dem ich vertrauen kann, so wie es das Motto dieses Kirchentags ist."

Sich von Gott ansprechen lassen

Mit Blick auf den weiteren ökumenischen Weg warb Kardinal Marx um das offene Ohr, sich von Gott ansprechen zu lassen. Die Erneuerung des Christentums sei ein langer Weg in die Tiefe, wie es auch der tschechische Theologie Tomáš Halik ausdrücke. Kardinal Marx sagte: "Die ökumenischen und pastoralen Tätigkeiten sind wichtig. Die Suche nach einer neuen und tieferen Form, über Gott zu sprechen, ist aber noch wichtiger. Die tiefste Krise ist, wenn wir mit dem Wort Gottes nichts mehr anfangen können. Als Kirchen müssen wir uns ökumenisch fragen lassen: Wie beginnen wir, Menschen zu faszinieren, von Gott zu sprechen und das Geheimnis Gottes zu ergründen? Lassen wir eine Reise in die Tiefe der Gottesrede unternehmen, da kommen wir ökumenisch in unserem Denken ganz neu zusammen. Da werden manche Fragen rasch Schnee von gestern sein, wenn wir lernen, von diesem Geheimnis, dem absoluten Geheimnis Gottes zu sprechen. Es ist ein Geheimnis, das für uns alle wichtig ist und unser Leben bestimmt", so Kardinal Marx.

Ohne Christentum kein Europa

Die Kirchen können sich nach Ansicht von Ruhrbischof Franz Josef Overbeck nur ökumenisch behaupten. Angesichts des wachsenden Säkularismus hätten die Konfessionen nur gemeinsam eine Zukunft, sagte der Bischof am Donnerstag auf dem Evangelischen Kirchentag in Dortmund. Angesichts der neuen Entwicklungen müssten die Kirchen viel mehr zusammenarbeiten, etwa bei der Nutzung von Gebäuden, im Sozialbereich oder der Seelsorge beim Militär, in Gefängnissen und Krankenhäusern.

Ohne das Christentum gäbe es Europa nicht, sagte Overbeck. Zu diesem "reichen Erbe" gehörten Menschenrechte, Solidarität, Demokratie und Rechtsstaat. Zudem bleibe Europa ein Friedensprojekt, sagte der Bischof und verwies als Beispiel auf den Balkan. Overbeck ist Vizepräsident der EU-Bischofskommission COMECE.

 

Reinhard Kardinal Marx / © Cristian Gennari (KNA)
Reinhard Kardinal Marx / © Cristian Gennari ( KNA )

 

Bischof Franz-Josef Overbeck in einem Dialog / © Kay Nietfeld (dpa)
Bischof Franz-Josef Overbeck in einem Dialog / © Kay Nietfeld ( dpa )
Quelle:
DBK , KNA
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