"BlessU-2" sorgt in Gemeinde für Diskussionen

Ein Roboter am Altar

Knapp zwei Wochen stand Segensroboter "BlessU-2" in der Oelder Stadtkirche. Er löste in der Gemeinde Neugierde aus – aber auch Skepsis und Ängste. Werden wir in Zukunft von Maschinen gesegnet?

Autor/in:
Veronika Seidel-Cardoso
Segensroboter in der Kirche / © Veronika Seidel Cardoso (DR)
Segensroboter in der Kirche / © Veronika Seidel Cardoso ( DR )

Ein bisschen fehl am Platz wirkt er schon, der 1,80 Meter große Roboter "BlessU-2", der knapp zwei Wochen lang vor dem Altar der Oelder Stadtkirche stand. Mit großen Kulleraugen schaut er sein Gegenüber an und spricht eine Begrüßung in verschiedenen Sprachen: "Hallo, darf ich Sie segnen? Hello, can I bless you?" Dazu bewegt sich sein roter Pixel-Mund.

Ein Touch-Screen mit verschiedenen Optionen ziert seinen Brust-Bereich. Soll eine männliche oder eine weibliche Stimme segnen? In welcher Kategorie – Ermutigung oder Erneuerung? Und schon legt der Roboter, der auch auf den Namen Robbi hört, los. Er hebt die Arme, streckt seine leuchtenden Hände aus und spricht einen Segensspruch. Wer will, kann sich die Worte auch ausdrucken und mit nach Hause nehmen.

Skepsis – Faszination – Grusel

Unter den Gläubigen in Oelde löste die Maschine ganz unterschiedliche Reaktionen aus, erzählt Melanie Erben, Pfarrerin der Stadtkirche: "Es ist eine Mischung aus Faszination und Gruseln. In dem Moment, wo sie sich vorstellen, dass das die Zukunft ist und dann nur noch Roboter am Altar stehen, sind sie furchtbar erschrocken." Das trifft auf eine ältere Dame zu, die Robbi gerade zum ersten Mal getestet hat und die Stirn runzelt. "Der Roboter sollte ins Technik-Museum kommen, nicht in unsere Kirche. Hier braucht man richtige Seelsorger mit Herz und Seele."

Ein anderer Besucher kann die Aufregung um "BlessU-2" nicht verstehen. Ihn lässt der Automat völlig kalt. "Ich reg mich doch über so etwas nicht auf. Der Roboter macht nichts anderes, als Bibelsprüche aufzusagen."

Antwort auf den fehlenden Nachwuchs?

Ganz unbegründet ist die Angst der Gläubigen nicht. Schließlich spielen Roboter in vielen Bereichen der Gesellschaft eine immer größere Rolle. Sei es in der Industrie, im eigenen Haushalt und bald wohl in der Pflege. Die beiden großen Kirchen müssen sich mit dem Thema Zukunft und Digitalisierung auseinandersetzen, findet Elke Räbiger, ebenfalls Pfarrerin in Oelde: "Ich sehe mit Bedenken, dass ich nicht weiß, wo unser Nachwuchs ist. Wenn meine Generation in Pension ist, in zehn Jahren, wo sollen die jungen Kolleginnen und Kollegen herkommen? Das gottesdienstliche Angebot wird enger werden."

Das Problem betrifft auch die katholische Kirche. Es besteht akuter Priestermangel, Gemeinden werden zusammengelegt und die zuständigen Pfarrer werden mit Aufgaben überhäuft. Könnte da nicht auch ein Roboter am Altar aushelfen? "Niemals", sagt Pfarrer Karl Kemper von der katholischen Nachbargemeinde St. Johannes. "Seelsorge – das Wort macht es schon deutlich – ist immer analog. Der Mensch ist an diesem Punkt, wenn es um Zuwendung, das Gebet, die Spendung von Segen und Sakramenten geht, absolut unersetzlich. Er wird selbst in Zeiten größten Mangels nie durch eine Maschine oder durch eine Künstliche Intelligenz ersetzt werden können.“

Roboter als Experiment

Das soll Segensroboter "BlessU-2" auch gar nicht. Er ist als Experiment gedacht und entwickelt worden, soll zu Diskussionen anregen. Und das hat er in Oelde geschafft. Für Pfarrerin Elke Räbinger hat der seelenlose Automat die Lebendigkeit der Kirche noch einmal hervorgekehrt: "Die Menschen brauchen die seelsorgliche Begleitung und viele Gespräche, mehr Geselligkeit, die Menschen müssen wieder mehr zusammenkommen in Kirchen – nicht nur im Rahmen von Gottesdiensten."


Segensroboter "Bless U2" in der Oelder Stadtkirche / © Veronika Seidel Cardoso (DR)
Segensroboter "Bless U2" in der Oelder Stadtkirche / © Veronika Seidel Cardoso ( DR )

Die evangelische Stadtkirche in Oelde / © Veronika Seidel Cardoso (DR)
Die evangelische Stadtkirche in Oelde / © Veronika Seidel Cardoso ( DR )
Quelle:
DR
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