Schweizer Kirchen feiern Doppeljubiläum

Ökumene auf helvetisch

Schweizer Protestanten und Katholiken feiern an diesem Samstag gemeinsam den vor 600 Jahren geborenen Einsiedler und Mystiker Bruder Klaus und 500 Jahre Reformation. Sie betonen aber auch das Trennende.

Autor/in:
Jan Dirk Herbermann
Heiligenfigur von Nikolaus von Flüe / © Sabine Biedermann (KNA)
Heiligenfigur von Nikolaus von Flüe / © Sabine Biedermann ( KNA )

Es soll ein großer Tag für die Christen in der Schweiz werden, es soll ein großer Tag für die Ökumene in der Schweiz werden: An diesem Samstag feiern Protestanten und Katholiken in Zug in der Zentralschweiz zusammen ein doppeltes Jubiläum: 500 Jahre Reformation und 600 Jahre Niklaus von Flüe (1417-1487). Der Einsiedler, Mystiker und Friedensstifter aus dem Kanton Obwalden wurde 1947 heiliggesprochen. Er gilt als Helvetiens Nationalheiliger. Höhepunkt des Feiertages soll ein ökumenischer Gottesdienst werden.

Einigendes Band stärken

"Trotz der Unterschiede: Uns verbindet mehr, als uns trennt", erklärt Gottfried Locher, Präsident des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbundes mit Blick auf die katholischen Christen. Mit der Doppelfeier wollen Protestanten und Katholiken bewusst ihr einigendes Band stärken. Dazu gehören der gemeinsame Glaube an Jesus Christus, die zentrale Bedeutung des Evangeliums und das christliche Menschenbild. Aber auch gemeinsame soziale Projekte wie die Seelsorge in Krankenhäusern, Asylbewerberzentren und Gefängnissen oder gemeinsame Aufrufe zur Bewahrung der Schöpfung gehören zum ökumenischen Repertoire der Schweiz.

"Schon Papst Johannes Paul II. rief die Katholiken und Reformierten in der Schweiz auf, gemeinsam ihre Geschichte aufzuarbeiten und gemeinsam in die Zukunft zu blicken", erklärt Walter Müller von der Schweizerischen Bischofskonferenz. Ganz in diesem Sinne betonen beide Kirchen: "Die Zeiten sind vorbei, in denen die reformatorische Lehre und Praxis zu Rivalitäten, Spaltungen und gewalttätigen Auseinandersetzungen geführt hat."

Pioniere in konfessionellem Zusammenleben

Insgesamt verliefen die frühen Konfrontationen zwischen Katholiken und Protestanten in der Schweiz weniger blutig als etwa in Deutschland. Das kleine Land blieb von einem langen Religionskonflikt wie dem Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) verschont. Die Eidgenossenschaft "war eine Pionierin in Sachen konfessionellem Zusammenleben", wie der Kirchenhistoriker und Reformationsexperte an der Theologischen Fakultät Zürich, Peter Opitz, erklärt.

Katholiken und Reformierte hätten sich arrangieren müssen, weil sie eng miteinander zusammenlebten. "An manchen Orten benutzten die Protestanten und Katholiken die gleiche Kirche. Wollten die Dörfer miteinander Handel treiben, mussten die Leute weiterhin miteinander auskommen", erklärt der Experte.

Trotz aller ökumenischen Verbundenheit pochen beiden Kirchen auf ihre Besonderheiten - und auf dem Trennenden. So erinnern die Schweizer Protestanten - außer am 1. April - oft alleine an das halbe Jahrtausend Reformation und die katholische Kirche lässt beim Thema Sakramente nicht mit sich diskutieren.

Keine Annäherung beim gemeinsamen Abendmahl

Damit ähnelt die Ökumene in der Schweiz der Ökumene in Deutschland: Auch in der Bundesrepublik schmerzen 500 Jahre nach dem Thesenanschlag Martin Luthers vom 31. Oktober 1517 noch immer die Gegensätze zwischen Katholiken und Protestanten. Nördlich und südlich des Bodensees etwa können Katholiken und Protestanten - zumindest offiziell - nicht gemeinsam das Abendmahl einnehmen.

Das gemeinsame Mahl sei weiter "grundsätzlich nicht möglich", heißt es dazu aus der Schweizer Bischofskonferenz. "Beim gemeinsamen Abendmahl gibt es keine Annäherung", hält auch die Theologin und Dozentin praktischer Theologie an der Universität Zürich, Rebecca Giselbrecht, fest. "Viele Gläubige warten hier auf einen Durchbruch", sagt die Theologin.

Oder die Rolle der Frau in der Kirche: Während in der Führung der katholischen Kirche über eine Ordination der Frauen nicht ernsthaft diskutiert wird, sind weibliche Pfarrer in der reformierten Kirche eine Selbstverständlichkeit. "Ein Großteil der reformierten Pfarreien wird von Frauen geleitet", sagt Giselbrecht. Die Theologin weist auch auf die flachen Hierarchien bei den Reformierten hin. "Wir haben keine Bischöfe wie die Katholiken", sagt sie.

Nach außen aber treten die Schweizer Christen geeint auf: Der Evangelische Kirchenbund und die Bischofskonferenz werden von Mai bis September gemeinsam Gastgeber im "Schweizer Pavillon" auf der Weltausstellung der Reformation in Wittenberg sein.


Quelle:
epd