Papst trifft armenischen Patriarchen Karekin II.

Erinnern an den Völkermord

Papst Franziskus hat am Donnerstag den armenischen Patriarchen Karekin II. zu einer Privataudienz im Vatikan empfangen. Das "tragische und große Zeugnis" der armenischen Märtyrer dürfe nicht vergessen werden, sagte Franziskus am Rande der Begegnung.

Papst trifft Patriarchen (dpa)
Papst trifft Patriarchen / ( dpa )

In seiner Rede vor der armenischen Delegation ging Franziskus auch auf die Vertreibung der Armenier durch das Osmanische Reich im Ersten Weltkrieg ein. Im Gedenken an die Märtyrer des 20. Jahrhunderts gebühre den Armeniern ein Ehrenplatz, so der Papst. Franziskus lobte zugleich die Fortschritte im ökumenischen Gespräch zwischen beiden Kirchen. Die "Ökumene im Leiden" sei eine Aufforderung für die Kirchen, den Weg der Versöhnung mit Entschiedenheit und Vertrauen fortzusetzen. Nach ihrem Gespräch beteten Papst und Patriarch gemeinsam in der Kapelle "Redemptoris Mater" im Apostolischen Palast. Über Inhalte der Unterredung machte der Vatikan wie üblich keine Angaben.

Eine frühere Äußerung von Franziskus über die Vertreibung der Armenier hatte im Juni zu einem diplomatischen Protest der Türkei geführt. Bei einer Zusammenkunft mit dem armenisch-katholischen Patriarchen Nerses Bedros XIX. Tarmouni und dessen Delegation bezeichnete er die Vertreibung als "ersten Genozid des 20. Jahrhunderts". Öffentlich wurde die Bemerkung durch Aufnahmen des vatikanischen Fernsehzentrums. Das türkische Außenministerium kritisierte die päpstliche Aussage als "inakzeptabel". Papst Franziskus hatte das Vorgehen gegen die Armenier bereits in seiner Zeit als Erzbischof von Buenos Aires als Völkermord bezeichnet.

Keine Entschuldigung der Türkei

Durch Massaker und Vertreibung starben zwischen 1915 und 1917 im damaligen Osmanischen Reich nach Schätzungen bis zu 1,5 Millionen Armenier. Die Gräueltaten stellen nach Ansicht vieler Historiker den ersten Völkermord im 20. Jahrhundert dar. Mehr als ein Dutzend Staaten haben sie mittlerweile als Genozid anerkannt, darunter Frankreich, die Schweiz und die Niederlande.

Die Türkei weist die Interpretation zurück. Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hatte jedoch vor zwei Wochen als erster Regierungschef in der türkischen Geschichte offiziell der Toten unter den armenischen und syrisch-orthodoxen Christen im Ersten Weltkrieg gedacht. Die Erinnerung an die Schmerzen von damals sei eine "menschliche Pflicht", sagte Erdogan in einer offiziellen Erklärung.

Beobachter sprachen von einem bedeutsamen Schritt. Eine Anerkennung des Völkermords oder eine formelle Entschuldigung stellte die Erklärung allerdings nicht dar.


Quelle:
KNA