Bischof Trelle beim ökumenischen Kongress in Hannover

Über die Grenzen der eigenen Diözese hinaus

Beim ökumenischen Kongress in Hannover diskutieren Katholiken und Protestanten über neue Wege für die Zukunft. Auch vom neuen Papst erwarte man sich Impulse, sagt der Hildesheimer Bischof Norbert Trelle im domradio.de-Interview.

Landesbischof Meister und Bischof Trelle / © Bistum Hildesheim
Landesbischof Meister und Bischof Trelle / © Bistum Hildesheim

domradio.de: Was sind für Sie die Hauptziele des Kongress?

Trelle: Dies ist kein dogmatischer Kongress. Es geht nicht um die Konfessionsunterschiede, sondern um die Gemeindeerfahrungen, die ja oft deckungsgleich sind - ob es die in einer evangelischen Dorf-Pfarrei oder einer katholischen Stadtgemeinde sind. Das machte beides nachdenklich und ist beides bedrückend… Wir wollen aber hier nicht nur feststellen, sondern auch überlegen, wie wir in neue Bereiche hinein gehen können.

domradio.de: Es geht hier auch um Inspiration – zum Beispiel hat ein anglikanischer Geistlicher in einem Vortrag darüber berichtet, was in seiner Heimat in den Gemeinden passiert. Was kann man von der anglikanischen Kirche lernen?

Trelle: Es ist in jedem Fall von großem Wert, über die Grenzen der eigenen Diözese hinaus zu schauen. Die katholische Kirche ist eine weltumspannende Kirche! Wir lernen voneinander, in diesem Fall interkonfessionell, wir lernen aber auch voneinander innerhalb der katholischen Kirche. Wenn ich zum Beispiel Gemeinden in Südamerika besuche, in denen es oft viel spontanere Zusammenschlüsse gibt, in kleinen Gruppen, in Basisgruppen.

Wir lernen voneinander – und der Geist weht, wo er will. Wir haben die Augen zu schließen, und unser inneres Sensorium für die Bewegungen, die der Geist auslöst, zu pflegen – ob es solche sind, die uns erreichen und ob wir sie einlassen, in unsere kirchlichen Wirklichkeiten. Der Begriff des Geistes kann natürlich auch fälschlich gebraucht werden. Es geht nicht darum, sich von der Wirklichkeit der Erde zu lösen und sich spiritualisierend eine Wunschkirche zu malen, es geht um das Wahrnehmen der Herausforderungen der Menschen, die heute leben mit dem, was uns im tiefsten beseelt durch den Heiligen Geist, in eine Spannung zu bringen

domradio.de: Erleichtern die kirchlichen Aufbrüche die Ökumene oder erschweren sie sie?

Trelle: Sie machen die Ökumene leichter, zum Beispiel die regelmäßigen Kontakte zwischen katholischen Bischöfen und evangelischen Bischöfen der Landeskirchen, wie wir sie hier in Niedersachsen schon lange pflegen. Und bei einem solchen Kongress ist es dann auch einfacher, die Fragen zu besprechen, die uns alle betreffen. Ich und meine katholischen Amtsbrüder haben mit Landesbischof Meister und den anderen Vertretern der evangelischen Kirche hier in Niedersachsen ein ganz unkompliziertes Verhältnis.  

domradio.de: Präses Schneider hat in einem Interview gesagt, er erhoffe sich vom Nachfolger Benedikts des XVI. auch neue Impulse in der Ökumene. Wie sehen Sie das?

Trelle: Das kann man nur unterstreichen. Bei einem Amtswechsel erwarten wir immer Impulse. Bei einem neuen Pfarrer erhoffen sich die Gläubige neue Impulse, und das erwartet die Kirche insgesamt natürlich von einem neuen Papst, auch in Hinblick auf die Ökumene. Da wird man natürlich beobachten, welche Schwerpunkte er setzt, wie er sich positioniert. Aber da gilt natürlich auch für einem Papst – er kann nicht, sozusagen in den ersten 30 Tagen seines Pontifikats, alles auf einmal machen.

Sicherlich wird es den ein oder anderen geben, der dann sagt, er habe sich ein deutlicheres Signal am Beginn gewünscht. Aber da kann ich nur erwidern: Eile mit Weile. Wir haben hier auch über den Begriff des Zögerns gesprochen – nicht im Sinne von wegdrücken wichtiger Themen, sondern im Sinne von innehalten, noch einmal Luft holen, und dann mit dem Hintergrund der Erfahrungen vieler Menschen bündeln und überlegen, wo man einen Schritt weitergehen kann in der Ökumene. Das erhoffe und wünsche ich mir schon.

domradio.de: Am Montag sind Sie bei dem Treffen der Bischofskonferenz dabei. Dort wird es sicherlich auch um den Rücktritt des Papstes gehen. Die Bischöfe hatten zum jetzigen Papst ein besonderes Verhältnis, weil er Deutscher war. Was wird sich ändern, wenn es einen neuen Papst gibt?

Trelle: Bei der Bischofskonferenz wird sicherlich auch jeder seine ganz persönlichen Erinnerungen an den Papst zum Ausdruck bringen. Jeder von uns hat seine eigenen Erinnerungen an den Papst, an seinen Vorgänger natürlich auch. Ich selbst war Student in Bonn, als ein junger Professor namens Ratzinger seine Lehrtätigkeit begann. Ich hatte die Möglichkeit, ihm mehrmals persönlich zu begegnen, so wie andere Bischöfe auch.

Ich habe nur eines herauszustellen: Egal, wie der Heilige Vater in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird – ich persönlich bin von einer großen und tiefen Dankbarkeit erfüllt, für das, was er als Papst der Kirche geschenkt hat, und für das, was er uns als Theologe geschenkt hat, in seinen großartigen theologischen Erkenntnissen. Das ist ein unglaublich großer Gewinn für die Kirche der Gegenwart gewesen. Das wird historisch bleibend sein, und für die Kirche ein Meilenstein. Dieser Pontifikat wird von ganz besonderer Tiefe und Bedeutung sein.

(Das Interview führte Matthias Friebe.)