Wort des Bischofs

Not sehen und handeln

Kardinal Woelki sagt: "Viele Menschen sind in diesen Tagen in Not. Da sind die Alten und Kranken, die in großer Sorge sind. Bei allen Ansteckungsgefahren dürfen wir gerade diese Menschen nicht alleine lassen." 

 (DR)

Not sehen und handeln – so lautet das Motto unserer Caritas. Genau darum geht es!

Viele Menschen sind in diesen Tagen in Not. Da sind die Alten und Kranken, die berechtigterweise in großer Sorge sind. Bei allen Ansteckungsgefahren dürfen wir gerade diese Menschen jetzt in der Familie, im Freundeskreis und in der Nachbarschaft nicht alleine lassen. Hilfe, die notwendig ist, kann die Erledigung des Einkaufes sein. Es ist schon ein Bild dieser Tage, wie die Tasche mit Lebensmitteln und mit einem großen Herz für den Anderen vor die Tür gestellt wird. Aber auch auf das Gespräch – ob am Telefon oder durch das geöffnete Fenster von draußen - darf nicht abbrechen.

Wichtig ist gerade jetzt, den alleine lebenden alten und kranken Menschen zu zeigen: Wir sind für Dich da – wir lassen Dich jetzt nicht alleine – auch wenn wir Dir in diesen Tagen die Hand nicht halten können. Unsere ganze Solidarität muss im Moment den besonders Verletzbaren und Gefährdeten, den Vulnerablen, gelten. Machen wir uns klar: Das sind auch die Kriegsflüchtlinge in Syrien, der Türkei und in Griechenland, deren Schicksal in diesen Tagen in den Hintergrund zu treten scheint.

Jeder von uns hat die Bilder von Flüchtlingslagern und den Menschenmengen an der Grenze zu Griechenland vor Augen. Wenn dort Covid-19 ausbricht, wird es keine Drive-ins für Tests, keine Intensivmedizin und keine Desinfektionsmittel geben. Gleichzeitig stehen hier bei uns in Köln Zimmer und Wohnungen, die eigens für Flüchtlinge eingerichtet wurden, leer – während Minderjährige und besonders schutzbedürftige Flüchtlingskinder und Jugendliche ohne ihre Eltern auf der Straße übernachten müssen oder in völlig überfüllten Flüchtlingslagern auf der Strecke bleiben.

Es gibt so viel Not und Elend auf unserer Welt – nicht von Gott gewollt, sondern von uns Menschen selber verursacht. Vielleicht hilft uns gerade das gefährliche Virus nicht zu vergessen, was uns als Menschen so wertvoll und einzigartig macht und vielleicht schaffen wir es, dass sich Solidarität stärker verbreitet als das Virus. Dafür müssen wir überall dort, wo wir Not sehen: Handeln!

Ihr Rainer Woelki

Erzbischof von Köln