Morgenimpuls von Schwester Katharina

Ein Gebet mit Witz und Charme

Heute gibt uns Schwester Katharina ein über 500 Jahre altes Gebet von Teresa von Ávila mit auf den Weg. Nicht nur amüsant, sondern noch genauso aktuell wie damals.

Heilige Teresa von Avila / © Alexander Brüggemann (KNA)
Heilige Teresa von Avila / © Alexander Brüggemann ( KNA )

Im 150. Jubiläumsjahr unserer Ordensgemeinschaft 2013 haben wir alle deutschen Schwestern nach ihren Lieblingsgebeten gefragt. Wir haben sie gesammelt und daraus ein Heft gemacht, das jeder Konvent bekommen hat. In unserem Konvent beten wir jeden Mittag ein Gebet der Reihe nach vor. Und es gibt Gebete, die sind so schön und passen so gut zur jeweiligen Schwester, dass wir immer neu unsere Freude daran haben.

Gestern war ein Gebet dran, das schon über 500 Jahre alt ist. Es stammt von Teresa von Ávila und hat so viel Witz und Charme, dass wir immer wieder vergnügt zuhören. Ich will es Ihnen heute früh in den Tag mitgeben. Und vielleicht hilft es Ihnen für ein kleines Lächeln in den Tag.

Teresa betet also: O Herr, Du weißt besser als ich, dass ich von Tag zu Tag älter und eines Tages alt sein werde. Bewahre mich vor der Einbildung, bei jeder Gelegenheit und zu jedem Thema etwas sagen zu müssen. Erlöse mich von der großen Leidenschaft, die Angelegenheiten anderer ordnen zu wollen. Lehre mich nachdenklich, aber nicht grüblerisch, hilfreich, aber nicht diktatorisch zu sein.

Bei meiner ungeheueren Ansammlung von Weisheit erscheint es ja mir schade, sie nicht weiterzugeben. Aber du verstehst, o Herr, dass ich mir ein paar Freunde erhalten möchte.

Bewahre mich vor der Aufzählung endloser Einzelheiten und verleihe mir Schwingen zum Wesentlichen zugelangt. Lehre mich schweigen über meine Krankheiten und Beschwerden. Sie nehmen zu und die Lust, sie zu beschreiben, wächst von Jahr zu Jahr.

Ich wage nicht die Gabe zu erflehen mir Krankheitsschilderungen anderer mit Freude anzuhören, aber lehre mich, sie geduldig zu ertragen. Lehre mich auch die wunderbare Weisheit, dass ich mich irren kann. Erhalte mich so liebenswert wie möglich.

Ich möchte keine Heilige sein. Mit ihnen lebt es sich so schwer. Aber ein alter Griesgram ist das Krönungswerk des Teufels. Lehre mich an anderen Menschen unerwartete Talente zu entdecken und verleihe mir, o Herr, die schöne Gabe, sie auch zu erwähnen.

Amen.


Sr. Katharina Hartleib OSF vor dem Kölner Dom / © Mathias Peter (DR)
Sr. Katharina Hartleib OSF vor dem Kölner Dom / © Mathias Peter ( DR )
Quelle:
DR