Bischöfe rufen an Heiligabend zur Mitmenschlichkeit auf

Sich dem Anspruch der Liebe Gottes stellen

Der Kölner Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki hat an Weihnachten zu mehr Geschwisterlichkeit und Versöhnung aufgerufen. Nur so könne man sich dem Anspruch der Liebe stellen und Weihnachten wirklich feiern. Ein Überblick der Weihnachtsbotschaften.

Kölner Dom (dpa)
Kölner Dom / ( dpa )

Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki rief in seiner ersten Weihnachtspredigt als Erzbischof von Köln dazu auf, die Mitmenschlichkeit ohne Rücksicht auf Religion, Fähigkeiten und Hautfarbe zu leben. Dies verlange von den Christen mehr, als nur nett und freundschaftlich miteinander umzugehen. Es verlange vielmehr die Bereitschaft zu der Liebe, die auch Gott für die Menschen empfindet. Vor der Christmette hatte Woelki in der Kölner Annostraße mit Wohnungslosen das Weihnachtsfest mit einem Festessen gefeiert.

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, der Münchner Kardinal Reinhard Marx, nannte Weihnachten eine "Revolution ohne Vergleich". Dadurch, dass Gott Mensch werde, seien die Anerkennung des anderen und Respekt vor jedem Menschen grundgelegt, sagt Marx am Heiligen Abend im Münchner Liebfrauendom. Kritisch bewertete der Kardinal, dass auf die "Verunsicherung, ja Verstörung" über die derzeitigen Krisen oft mit "Vereinfachungen, Schuldzuweisungen, Verschwörungstheorien, politischen Ressentiments" reagiert werde.

Der Mainzer Kardinal Karl Lehmann bezeichnete das Weihnachtsevangelium als eine das menschliche Leben radikal verändernde Botschaft der Hoffnung. Durch die Geburt Christi habe Gott den Menschen zugesagt, in allen Nöten des Lebens da zu sein. "Das gilt für alle Situationen, ja sogar im Leiden und im Sterben", sagte Lehmann im Mainzer Dom.

Der Aachener Bischof Heinrich Mussinghoff plädierte dafür, den Zuwanderern Deutsch beizubringen und sie auszubilden. "Sie kosten nicht nur Geld, sie geben es vielfach als gut Ausgebildete zurück und machen unsere Renten demnächst sicher", so Mussinghoff im Aachener Dom. Er ermunterte dazu, Flüchtlinge in Sportvereinen zu integrieren, sie zum Kaffee einzuladen oder Familien mit Spielzeug zu unterstützen.

Der Paderborner Erzbischof Hans-Josef Becker betonte, die Deutschen lebten nicht auf einer "Insel der Seligen". Sie könnten sich keineswegs "politisch und sozial abschirmen", sagte er an Heiligabend. "Sie klopfen an unsere Tür, die verfolgten Christen im Nahen und Mittleren Osten, in afrikanischen Ländern, die Hungernden in Somalia und anderswo", und bäten "um ein menschenwürdiges Angenommensein".

Der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick rief zu einem ehrlichen Dialog der Religionen auf. Dabei dürften die Gräueltaten von islamischen Extremisten nicht verschwiegen werden, sagte Schick. Angesichts dessen gelte es, Muslime zu fragen, was ihnen der Gruß "Salem aleikum" - "Friede sei mit euch" - bedeute.

Auch der Würzburger Bischof Friedhelm Hofmann wandte sich gegen jede Form von Ausländerfeindlichkeit und Intoleranz. Diese hätten nichts mit der Weihnachtsbotschaft zu tun, sagte Hofmann in der Christmette. Christen seien aus dem Weihnachtsgeschehen heraus verpflichtet, Asylsuchende willkommen zu heißen und ihre Not zu lindern.

In scharfen Worten kritisierte Hildesheims Bischof Norbert Trelle die Pegida-Demonstrationen. Es sei eine bizarre Konstellation, wenn Menschen, die mit überwiegender Mehrheit keiner christlichen Kirche oder Gemeinschaft angehörten, sich zur Rettung des christlichen Abendlandes aufschwängen, sagte er an Heiligabend im Dom.

Der Dresdener Bischof Heiner Koch sagte, die "tiefe Sehnsucht des Menschen nach Heimat" verbinde Flüchtlinge und viele Pegida-Demonstranten. Die einen seien "verletzt durch furchtbare Erfahrungen in der verlorenen Heimat, die anderen angstvoll im Blick auf drohende Heimatlosigkeit durch eine von ihnen befürchtete Überfremdung und Bürokratisierung". Er sei überzeugt, dass "die Fremden, die Migranten und Asylanten Helfer beim Aufbau unserer gemeinsamen Heimat sind. Ohne sie wären wir ärmer, würden wir heimatloser".

Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck forderte im Essener Dom eine größere Aufnahmebereitschaft für Flüchtlinge. "Unser Boot ist noch lange nicht voll." Er wandte sich dagegen, Angst vor einer vermeintlichen Überfremdung zu schüren. Auch gebe es keinen Grund, die europäische Kultur vor einer Islamisierung schützen zu müssen. "Rituale der Angst und Hetze" nutzten ebenso wenig wie eine "Rettung in radikalen Abschottungen".

Münsters Bischof Felix Genn sagte, dass die asylkritischen Pegida-Demonstranten aus Emotionen und Vorurteilen eine verwirrende Mixtur zusammenmischten, die "wie Gift wirkt". Dagegen appelliere der Glaube an die Vernunft, zu differenzieren und sich nicht von Emotionen fortreißen zu lassen.

Der evangelische Landesbischof Jochen Bohl erklärte, in Sachsen könne nicht im Entferntesten die Rede davon sein, dass die Integrationsfähigkeit der Gesellschaft überfordert sei. Er kritisierte den Streit vergangener Jahre um Migration und "illusionäre Vorstellungen von Multikulturalität".

Der rheinische Präses Manfred Rekowski beklagte, dass bereits 100.000 Menschen auf der Flucht über das Mittelmeer nach Europa zu Tode gekommen seien. Zudem würden Flüchtlinge unter wirtschaftlichen Kriterien bewertet. Nachdem sie es an die Grenzen Europas geschafft hätten, werde die Frage gestellt, welche Kenntnisse und Nutzen sie für die Gesellschaft mitbringen. "Aber auch und gerade Menschen auf der Flucht haben bei Gott einen unzerstörbaren Wert, haben Würde, lange bevor sie auch nur einen Cent zur Steigerung des Bruttosozialproduktes beigetragen haben."

(domradio.de/KNA/epd/dpa)