Das Wort zum Samstag am 10. Juli 2010

Hipp hipp, meck meck, Wolbeck!

Wolbeck, seit 1975 ein Stadtteil von Münster, war über 400 Jahrhunderte Residenzort des Bischofs von Münster. Der Bischof lebte auf einer heute verschwundenen Burg und verlieh dem kleinen Ort 1310 die "Wigbold-Rechte", vom Bischof abhängige Ortsrechte.

 (DR)

Das „Amt Wolbeck", der bischöfliche Landkreis existierte dann noch viele Jahrhunderte. Über die Grenzen bekannt wurden die Wolbecker, als sie 1535 mit Hilfe des Wolbecker Amtmanns Dirk von Merfeldt die Täufer aus Münster vertrieben und dem Bischof wieder den Zugang zu seiner Bischofsstadt freikämpften. Der Wolbecker Schmied Brandhove entriss dem „Täuferkönig" Jan van Leiden seine Königskette. Wer heute in die St. Nikolauskirche Wolbeck geht, sieht eine steinerne Kopie der Kette um den Hals von Dirk von Merfeldt an dessen Grabmal.
Heute ist Wolbeck für seinen Karneval bekannt - der einzig veritable Karneval im Münsterland, wie die Wolbecker sagen würden. Eine Woche vor Rosenmontag feiern die Wolbecker „Ziegenbocksmontag" - ZiBoMo. Der Prinz heißt hier „Hippenmajor" und der Wolbecker Karnevalsruf ist „hipp hipp" - „meck meck".
Dass die Wolbecker einer Woche früher mit dem Straßenkarneval beginnen, liegt an der besonderen Beziehung zur Kirche. Die Wolbecker waren schon immer mindestens so fromm wie feierfreudig. Als ehemalige Bischofsstadt haben sich bis heute jahrhundertealte Kirchen-Traditionen bewahrt, wie die Wallfahrt der Bruderschaften nach Telgte. Noch in den 50er Jahren aber hatten die Pfarrer von Wolbeck etwas gegen das Karnevalstreiben und verordneten ihren Gläubigen über Rosenmontag ein 48-stündiges Bußgebet.
Also feierten die Wolbecker einfach eine Woche vorher. Der ZiBoMo, wie er heute gefeiert wird, entstand  1958 durch eine Initiative des Wolbecker Zahnarztes Dr. Herrmann Peters, genannt "Pewo" und ist die heutige Fortsetzung der ortsüblichen Wolbecker Fastnachtsfeiern, die im 16. und 17. Jahrhundert ihre Höhepunkte in dem Gänsereiten und in dem Hahnenstechen hatten.

Herrmann Peters  (* 18. Mai 1898 in Brakel, Kreis Höxter - † 8. Juli 1964 Wolbeck) war ein Zahnarzt, der in Wolbeck auch als Heimatpfleger und Karnevalist wirkte. Peters studierte in Münster Zahnmedizin und ließ sich in Wolbeck nieder. Er entwickelte mehrere zahnärztliche Instrumente, die er sich patentieren ließ.

Seine Stärke lag jedoch in seinem ausgeprägten Sinn für heimatliche Kulturpflege. Während seines Studiums in Münster hatte er sich von der Idee des "Ziegenbarons" Alfred von Renesse beeinflussen lassen, der sich besonders um die Pflege der Ziegenzucht als "Kuh des kleinen Mannes" bemüht hatte. Der Ziegenbaron pflegte dieses Anliegen mit viel Spaß und Humor, so dass er in die Reihe der münsterischen Originale wie der "unwiese" Professor Landois oder der "tolle Bomberg" eingereiht wird.
Dass am ZiBoMo eine Ziege durchs Dorf getrieben wird, und die Närrinnen und Narren hinterher, hat damit zu tun, dass bei den einstigen Trinkgelagen zu Fastnacht, als man von Haus zu Haus zog, oft eine Ziege mitgenommen wurde. Der erbärmliche Geruch von Ziegen sollte helfen, dass die Hausherren die einfallenden angetrunkenen Besucher möglichst rasch mit „Flüssigem" oder mit Wurst und Eiern bedienten.

Die Farben der Zibomo-Gesellschaft sind übrigens blau-gelb, wie die Fensterläden des Drostenhofs, wo noch heute der Nachfahre des damaligen Graf von Merveldt wohnt.

Der Autor des Textes, Klaus Nelißen, ist Pastoralassistent an St. Nikolaus Wolbeck.