Katholische Kirche weist Grünen-Vorschlag als "oberflächliche Einlassungen" ab

Streit um Karfreitagsruhe

Die Grünen in NRW wollen die Karfreitagsruhe aufheben. Jeder sollte den Tag "nach seiner Fasson" begehen, sagt Parteichef Lehmann. Wenig Verständis für diesen Vorschlag hat der Leiter des Katholischen Büros in NRW. Prälat Martin Hülskamp zeigt sich verwundert, dass sich "ausgerechnet eine Partei, die es sich auf die Fahne geschrieben hat, die grundlegenden Werte und natürlichen Ressourcen menschlichen Lebens zu erhalten" so äußere. Präses Schneider sieht das ähnlich.

 (DR)

Die Äußerungen von NRW-Grünenchef Lehmann bezeichnete Prälat Hülskamp gegenüber als "überflüssig". Sie riefen bei ihm "mehr Verwunderung als Ärger" hervor, sagte er am Donnerstag gegenüber domradio.de. Solche Argumente und Parolen hätte man eher aus dem liberalen Lager vermuten können, so der Leiter des Katholischen Büros in NRW. Zuvor hatte bereits Nikolaus Schneider, Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, die Äußerungen des Vorsitzenden der nordrhein-westfälischen Grünen kritisiert.



Der Parteichef der Grünen in NRW, Sven Lehmann, hatte der in Düsseldorf erscheinenden "Rheinischen Post" (Donnerstagsausgabe) gesagt: "Es kann nicht sein, dass die Minderheit der Leute, die christlichen Glauben aktiv praktiziert, der Mehrheit vorschreibt, wie sie den Tag zu verbringen hat, und ihr durch das Verbot bestimmter Veranstaltungen den Abend vermiest." Solche Vorstellungen passten "nicht mehr in unsere Zeit und sollten abgeschafft werden", sagte Lehmann weiter. Wenn Kabarett und Schauspiel nicht möglich seien, müsste man konsequenterweise auch das TV-Programm zensieren.



Prälat Hülskamp weist vermeintliche "Mehrheiten" zurück

Als "sehr zweischneidiges" Argument wies Prälat Hülskamp die vermeintlichen "Mehrheiten" zurück, die sich laut dem Grünen-Politiker nicht mehr an den Grundeinstellungen der christlichen Lebenspraxis der großen Kirchen orientierten. "Gerade umgekehrt profitiert die große Mehrheit unseres Landes davon, dass überzeugte Christen an dem besonderen Gepräge der Sonn- und Feiertage festhalten und sie nicht für die allgemeine Disposition des Marktes zur Verfügung stellen", stellte der Prälat fest. Gerade die Grünen hätten über viele Jahre hinweg gegen den Mehrheitstrend an ihrer Grundüberzeugung festgehalten.



"Für die katholische Kirche und alle Christen in unserem Land sind die Sonn- und Feiertage, und gerade die christlichen Hochfeste mit ihrer je eigenen Prägung ein Kernbestand unseres Glaubens und der daraus erwachsenen Lebensgestaltung", betonte Hülskamp. "Wer ökologisch und im Einklang mit der Natur und somit der Schöpfungsordnung argumentiert, wird völlig unglaubwürdig, wenn er den Siebten Schöpfungstag, "an dem Gott ruhte", ausblendet und individualistisch zur Disposition stellt."



Präses Schneider: Karfreitag, Pfingstmontag, Ostermontag müssten demnach auch aus dem Kalender

Auch Nikolaus Schneider, Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, kommentierte: "Wer die Aufhebung der besonderen Feiertagsruhe am Karfreitag propagiert, fordert nichts anderes als mehr Werktage. Außerdem beweist er wenig Verständnis für die kulturelle Prägung unseres Landes." Wer Feiertage ohne ihren prägenden Inhalt haben fordere, wolle sie am Ende gar nicht mehr. Denn ohne ihren prägenden Inhalt seien Feiertage verzichtbar. "Der Vorstoß des Grünen-Parteichefs bedeutet letztlich, dass wir Tage wie Karfreitag, Ostermontag, Pfingstmontag, Weihnachten usw. aus dem Kalender streichen müssen. Dann haben wir noch mehr Werk- und Arbeitstage."



Bei den Grünen in NRW herrscht keine Einigkeit zu dem Thema. Die Parlamentarische Geschäftsführerin und kirchenpolitische Sprecherin der Partei, Sigrid Beer, erklärte am Donnerstag in Düsseldorf: "Am Feiertagsgesetz ist keine Änderung vorgesehen." Die Grünen begegneten Christen mit derselben Toleranz und demselben Respekt wie allen Anders- und Nichtgläubigen. Sie widersprach damit dem Parteichef der nordrhein-westfälischen Grünen, Sven Lehmann.



Unterhaltende Veranstaltungen sind an Karfreitag verboten  

Die Bezirkregierung hatte in den vergangenen Tagen die Kommunen und Kreise daran erinnert, dass laut Feiertagsgesetz in NRW am Karfreitag alle der Unterhaltung dienenden öffentlichen Veranstaltungen bis zum nächsten Tag um 6 Uhr verboten sind. Dazu zählen Theater-, Opern-, Musical- oder Tanzaufführungen. Erlaubt sind religiöse Veranstaltungen wie Oratorien oder Requien. Das Aalto-Theater in Essen verlegte daraufhin seine Opern-Aufführung von Puccinis "Madame Butterfly" einen Tag vor auf Gründonnerstag.



Der Karfreitag erinnert an den Tod Jesu Christi am Kreuz. Weil ein solcher Tag kein Tag der Festfreude und des Jubels ist wie beispielsweise das Oster- oder das Weihnachtsfest, hat der Gesetzgeber diesem Tag - wie auch dem Volkstrauertag und Allerheiligen - einen deutlich stilleren Rahmen als den anderen Feiertagen gegeben. Bestimmte Unterhaltungsveranstaltungen sind deswegen nicht erlaubt, erklärt Präses Schneider. "Diese Regelung trägt dem religiösen Leben und der kulturellen Prägung in unserem Land durch das Christentum Rechnung - und das ist keine Frage von Mehrheit oder Minderheit, sondern eine Frage des Respekts vor der Religion und der kulturellen Wurzeln."



"Die Logik des Landeschefs der Grünen bindet Feiertagsgestaltung an die Zahl derer, die den Tag aktiv begehen. Wer dieser Logik konsequent folgt, müsste dann auch Feiertage wie den Volkstrauertag oder auch den 1. Mai abschaffen, weil nicht die Mehrheit der Bevölkerung zu Gedenkfeiern oder Mai-Kundgebungen geht", so Schneider weiter: "Bleibt zu befürchten, dass der Grünen-Chef in NRW als nächstes die Abschaffung des Tages der deutschen Einheit fordert, weil nicht die Mehrheit der Bevölkerung an Feiern zur Wiedervereinigung teilnimmt."



Ministerpräsidentin Kraft will an Karfreitagsruhe festhalten

Auch Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) weist den Vorstoß aus den Reihen der Grünen zur Abschaffung der Karfreitagsruhe zurück. "Eine Änderung des Feiertagsgesetzes wird es mit mir nicht geben", sagte Kraft der in Düsseldorf erscheinenden "Rheinischen Post" (Freitagsausgabe).



"Wir dürfen nicht zulassen, dass der Feiertagsschutz weiter ausgehöhlt wird", sagte Kraft und stärkte damit die Position der Kirchen gegen den Parteichef des SPD-Koalitionspartners. Es müsse in einer Gesellschaft auch Tage zum Innehalten geben. "Der Karfreitag gehört dazu", sagte die Regierungschefin: "An diesem Tag gedenken die Christen des Todes von Jesus Christus. Sie sind keine Minderheit in unserem Land."



Eine Gesellschaft, der nichts mehr heilig sei, komme nicht voran. "Für mich als Christin hat der Karfreitag auch persönlich eine hohe Bedeutung", sagte die Ministerpräsidentin: "Ich käme nicht auf die Idee, an dem Tag ins Theater zu gehen."