Vor 80 Jahren wurde Jassir Arafat geboren - Parteikongress der Fatah

Kämpfer mit umkämpftem Erbe

Für ein historisches Ereignis hat die Führung der palästinensischen Fatah-Partei ein historisches Datum gewählt: Am heutigen 4. August, dem Geburtstag von Parteigründer Jassir Arafat, findet zum ersten Mal seit zwanzig Jahren wieder ein Parteikongress statt. Interne Streitigkeiten ließen das Treffen in Bethlehem bis zuletzt noch ungewiss erscheinen.

Autor/in:
Anne Françoise Weber
 (DR)

Wäre Arafat noch am Leben, hätte der Kongress nicht nur dessen 80. Geburtstag zu feiern - vermutlich wäre die Partei auch in weitaus besserem Zustand. Denn "Mister Palestine" war es trotz seines autokratischen Führungsstils und seiner persönlicher Bereicherung über Jahrzehnte gelungen, die verschiedenen Fraktionen nicht nur in seiner Partei, der Fatah, sondern auch in dem Dachverband der palästinensischen Befreiungsorganisation PLO zusammen zu halten.

Der Mann mit den großen Lippen und dem starren Blick war mit seinem Palästinensertuch auf dem Kopf das Idol einer Nation, zu deren Identitätsfindung er viel beigetragen hatte. Doch er schuf auch einen Repressionsapparat, der mit Kritikern und Konkurrenten unerbittlich verfuhr. Einer seiner Kritiker, Eyad al-Sarraj, zitierte Arafat mit den Worten: "Ich gebe nichts auf Menschenrechte. Ich habe für Sicherheit zu sorgen. Niemand wird mich aufhalten, diesen Staat zu gründen."

Oder der 24. August?
Wäre das historische Treffen der Fatah in Bethlehem verschoben worden, hätte eine zweite Chance bestanden, an den Parteivater zu erinnern: Verschiedene Quellen geben den 24. August 1929 als richtiges Geburtsdatum und Kairo als Geburtsort von Mohammed Abdel Raouf Arafat al-Qudwa Al-Husseini, kurz Jassir Arafat, an. Die offiziell verbreiteten Angaben, er sei in Jerusalem geboren und mit dem wichtigen Clan der Husseinis verwandt, scheinen Erfindungen zu sein, um Arafats palästinensische Wurzeln hervorzuheben.

Der Sohn eines Händlers wurde zunächst Ingenieur, später brutaler Befreiungskämpfer und letztlich ein erfolgreicher Politiker. Zwar wurde er nie wirklich Staatsoberhaupt, aber doch Präsident der Palästinensischen Autonomiebehörde und erhielt zusammen mit Yitzhak Rabin und Schimon Peres 1994 den Friedensnobelpreis. Mit der Umsetzung einer Teilautonomie im Westjordanland und dem Gazastreifen schien die Verwirklichung eines palästinensischen Staates neben Israel unmittelbar bevor zu stehen.

Doch schon vor Arafats Tod 2004 war dieses Ziel wieder in weite Ferne gerückt. Nach dem gescheiterten Gipfeltreffen Arafats mit dem israelischen Ministerpräsident Ehud Barak in Camp David im Juli 2000 zeigte die zweite Intifada, wie frustriert viele Palästinenser über ihre Lebensumstände sind und wie sehr sich Israel weiterhin in seiner Sicherheit bedroht sieht.

Konflikt zwischen Fatah und Hamas
Zum Konflikt mit Israel hat sich in den letzten Jahren noch der Konflikt zwischen Fatah und Hamas gesellt. Und sogar Arafats Erben sind untereinander sehr zerstritten. Erst kürzlich warf ein früherer Weggefährte Arafats und hoher Fatah-Funktionär, Faruk Kaddumi, Präsident Mahmud Abbas vor, an einem israelischen Mordkomplott gegen Arafat beteiligt gewesen zu sein.

Ob der Mordplan tatsächlich bestand, bleibt ungewiss. Sicher ist jedoch, dass Abu Ammar, wie sein Kampfname lautete, auf den zahlreichen Stationen seines Lebens - Kairo, Kuwait, Amman, Beirut, Tunis, Gaza, Ramallah - mehr als einem Attentat entkam. Um seinen Tod in einem Pariser Krankenhaus am 11. November 2004 ranken sich bis heute viele Legenden, auch die einer Vergiftung.

Arafat mag kaum geahnt haben, dass noch ein Krieg um Gaza auf Palästinenser und Israelis zukommen würde. Doch das Eingesperrtsein, dass die Bewohner von Gaza seit zwei Jahren erleben, hatte er in seinen letzten beiden Lebensjahren am eigenen Leib erfahren. Seit 2002 lebte er unter israelischem Hausarrest in seinem Hauptquartier in Ramallah, dort, wo sich jetzt in einem modernen Mausoleum sein Grab befindet. Vorläufig nur, denn Arafat wollte immer in Jerusalem beerdigt werden.