"Hilfsstelle für nichtarische Katholiken"
Die Kooperation sieht vor, die Archivbestände der von Innitzer 1940 eingerichteten "Hilfsstelle für nichtarische Katholiken" zu digitalisieren und dem Archiv des Holocaust Memorial Museum zur Verfügung zu stellen, wie die österreichische Nachrichtenagentur Kathpress am Mittwoch meldete.
Das Washingtoner Museum sei von sich aus an die Erzdiözese Wien herangetreten. Ziel sei, die Bestände einer breiteren Forschergemeinschaft zugänglich zu machen, um "ein differenzierteres Bild der Person Theodor Innitzers" zu gewinnen, erklärte die Wiener Diözesanarchivarin Annemarie Fenzl. Der Archivbestand umfasst unter anderem Tätigkeitsberichte und Namenslisten. Die Kooperation soll am 8. September unterzeichnet werden.
Zwischen 1940 und 1945 kümmerte sich die Hilfsstelle vor allem um verfolgte Wiener Katholiken jüdischer Herkunft. Bis Mitte 1941, solange eine Emigration noch möglich war, vermittelte die Hilfsstelle in bis zu 60 Fällen täglich Kontakte zu ausländischen Auswanderungsorganisationen. Enge Kontakte unterhielt die Stelle auch mit dem ersten Deportationsziel österreichischer Juden, dem Konzentrationslager Theresienstadt.
"Akt der Gerechtigkeit"
Fenzl sagte, die Kooperation mit dem Holocaustmuseum könne zu einem ausgewogeneren Bild Innitzers beitragen. Der Kardinal habe sich stark für die Hilfsstelle eingesetzt und somit vielen Menschen geholfen. "Lange galt Innitzer nur als "Kardinal des Heil Hitler"", so die Archivleiterin. Dabei sei er kein Antisemit gewesen. Es gehe nicht darum, "Innitzer in Schutz zu nehmen oder zu entschuldigen", aber um einen "Akt der Gerechtigkeit".
Nach dem deutschen Einmarsch 1938 hatte Kardinal Innitzer auf einen Ausgleich zwischen Kirche und NS-Regierung gesetzt und Adolf Hitler einen Höflichkeitsbesuch abgestattet. Wenige Tage später unterzeichneten Innitzer und mit den anderen österreichischen Bischöfen eine "Feierliche Erklärung", in der sie die "Verdienste" der NS-Politik würdigten und es als "nationale Pflicht" erklärten, bei der Volksabstimmung für den "Anschluss" an Deutschland zu stimmen. Innitzer unterzeichnete die Erklärung mit "Heil Hitler".
Nach wachsenden Einschränkungen für das kirchliche Leben und antikatholischen Ausschreitungen im Oktober 1938 gab Innitzer sein Wohlwollen gegenüber den Nationalsozialisten auf. Bei einer Predigt vor Jugendlichen im Wiener Stephansdom sagte er: "Unser Führer ist Jesus Christus!"
Erzbistum Wien will NS-Zeit aufarbeiten
"Hilfsstelle für nichtarische Katholiken"
Die Erzdiözese Wien will gemeinsam mit dem staatlichen Holocaust-Museum in Washington die österreichische Kirchengeschichte während der NS-Zeit aufarbeiten. Dabei soll es vor allem um die Rolle des Wiener Kardinals Theodor Innitzer (1875-1955) gehen, der den "Anschluss" Österreichs an das Deutsche Reich befürwortete.
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