Der erfahrene Seelsorger aus der weltläufigen Metropole, die wie wenige andere zum Inbegriff für tolerantes Nebeneinander unterschiedlicher Kulturen und Lebensentwürfe geworden war, sollte die Arbeit des Kurienpräfekten Joseph Ratzinger auf der schwierigen Position des Glaubenswächters und Glaubensförderers fortsetzen. Nach Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone bekleidet Levada das wichtigste Amt an der römischen Kurie. Als Präfekt der Glaubenskongregation soll er den katholischen Glauben stärken und schützen, das Glaubensverständnis fördern und auf Fragen aus Kultur und Wissenschaft eine Antwort aus dem Glauben geben. Er muss abweichende Lehrmeinungen sowie falsch und gefährlich erscheinende Lehren überprüfen und in geeigneter Weise widerlegen. Zudem ist seine Behörde Gerichtsinstanz bei schweren Straftaten gegen Glauben und Sitten. Alle Dokumente anderer Vatikanbehörden gehen über Levadas Schreibtisch, soweit sie Fragen der Glaubens- und Sittenlehre berühren.
Auf diese römischen Aufgaben war der am 15. Juni 1936 in Long Beach geborene Kirchenmann gut vorbereitet. Nach Studien in den USA und an der Gregoriana in Rom wirkte er zunächst als Pfarrseelsorger und als Theologiedozent in Los Angeles. Promoviert wurde er mit einer Arbeit, die zu seiner späteren Tätigkeit passt: "Unfehlbares kirchliches Lehramt und natürliches Sittengesetz".
1976 begann Levada als Sachbearbeiter in der Glaubenskongregation im Vatikan. Dort arbeitete er noch ein Jahr lang unter Kardinal Joseph Ratzinger, bevor er 1983 Weihbischof in Los Angeles wurde; die süditalienische Ferieninsel Capri erhielt er als Titelbistum. Im August 1995 machte Johannes Paul II. ihn zum Erzbischof-Koadjutor von San Francisco, wo er wenige Monate später die Nachfolge des kranken und amtsmüden John Raphael Quinn antrat. Als einziger US-Amerikaner gehörte Levada der Kommission für den Katholischen Weltkatechismus an. Zudem arbeitete er in der amerikanisch-vatikanischen Kommission für die Erstellung von Normen nach dem Missbrauchsskandal mit.
Dieses Thema beschäftigte Levada dann auch sehr bald nach seinem Wechsel nach Rom. Nachdem Irland, Deutschland und andere Ortskirchen von Missbrauchsskandalen erschüttert wurden, lag es an seiner Behörde, verbindliche Normen zu präzisieren, bereits bestehende Richtlinien zu veröffentlichen und weltweit umzusetzen.
Besonders gefragt war der Kardinal, als der Vatikan nach dem Eklat um den Holocaust-Leugner Richard Williamson zu einer Versachlichung des Gesprächs mit den Piusbrüdern zurückfinden musste. Die für die Kontakte mit den Traditionalisten zuständige Kommission "Ecclesia Dei" wurde völlig neu gebildet und direkt seiner Leitung unterstellt.
Bedacht, Umsicht und Effizienz
Anders als sein Vorgänger Ratzinger ist Levada nicht der ebenso geschätzte wie kritisierte Medienmagnet, nicht der gesuchte Interviewpartner. Er ist nicht der große Theologieprofessor und Buchautor, der auch als Kardinal zu Fachvorträgen rund um die Welt reist. Aber der vorsichtig abwägende US-Kirchenmann leitet seine Behörde mit Bedacht, Umsicht und Effizienz, wie man in Rom betont.
Levada ist ein Mann der Praxis, ein Bischof mit großen praktischen Erfahrungen aus Seelsorge und Kirchenleitung unter schwierigen Bedingungen. Er nimmt die Ordnungen der vatikanischen Gremien und Ebenen sehr ernst, nutzt das Instrumentarium der vielen Beratungsinstanzen und Kommissionen. Derzeit ist er besonders mit der Aufarbeitung disziplinarischer Fragen befasst. Zudem ist ihm das kirchliche Profil katholischer Einrichtungen ein großes Anliegen.
Mit dem 75. Geburtstag ist Levada wie jeder Bischof und Kurienleiter laut Kirchenrecht gehalten, dem Papst seinen Rücktritt anzubieten. Dass Benedikt XVI. das Gesuch seines Nachfolgers als Präfekt schon zu diesem Termin annimmt, ist aber kaum wahrscheinlich.
Präfekt der Glaubenskongregation Kardinal Levada wird 75
Den Glauben schützen und fördern
Als ein Geniestreich des neuen Papstes galt im Frühsommer 2005 die Berufung eines US-Amerikaners an die Spitze der Glaubenskongregation. Zu seinem Nachfolger im Palazzo des "Heiligen Offiziums" ernannte Benedikt XVI. Erzbischof William Joseph Levada von San Francisco. An diesem Mittwoch feiert Levada seinen 75. Geburtstag.
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