Serbien löse damit eine "langjährige Forderung der EU" ein, sagte Westerwelle am Donnerstag in Berlin. Er erinnerte an die Opfer des Massakers von Srebrenica und deren Angehörige. "Einer ihrer mutmaßlich schlimmsten Peiniger kann jetzt zur Verantwortung gezogen werden."
Zur Frage, warum die Suche nach Mladic 16 Jahre gedauert habe, sagte Westerwelle, er wolle darüber nicht spekulieren. Entscheidend sei, dass jetzt ein "ganz wesentlicher Beitrag" zur Gerechtigkeit geleistet worden sei. Die Aufarbeitung des Unrechts der Balkankriege sei "zwingende Voraussetzung" für die Versöhnung in der Region. Mit der Festnahme von Mladic werde eine weitere Grundlage für eine friedliche Zukunft der gesamten Balkanregion geschaffen.
Westerwelle sieht für Serbien "eine ganz klare europäische Perspektive"
Westerwelle sagte zu den Bemühungen Serbiens um einen EU-Beitritt, die Bundesregierung sehe für das Land "eine ganz klare europäische Perspektive". Serbien müsse aber alle Bedingungen dafür einhalten. Dazu zählten die Zusammenarbeit mit der internationalen Justiz und gute Beziehungen zu den Nachbarstaaten.
Der serbische Präsident Boris Tadic hatte am Mittag die Festnahme Mladics bestätigt. Der Militärführer der bosnischen Serben im Bürgerkrieg in Bosnien-Herzegowina von 1992 bis 1995 soll sich wegen Völkermords vor dem Kriegsverbrechertribunal in Den Haag verantworten. Er soll am 11. Juli 1995 um 16.00 Uhr den Befehl gegeben haben, die unter Schutz der Vereinten Nationen stehende ostbosnische Enklave Srebrenica zu stürmen.
Srebrenica: 8000 bosnisch-muslimische Jungen und Männer wurden ermordet
Danach wurden innerhalb von einer Woche auf Anordnung von Mladic 8000 bosnisch-muslimische Jungen und Männer von bosnisch-serbischen Truppen ermordet. Auch Kindern seien vor den Augen ihrer Mütter die Kehlen durchgeschnitten worden, berichtete der ägyptische Richter Fuad Riad, der die Anklagen gegen Karadzic und Mladic beim Kriegsverbrechertribunal der UNO in Den Haag mit vorbereitet hat. "Es wird ein Fest werden, dann reicht das Blut bis zu den Knien", hat Mladic nach Augenzeugenberichten damals beim Eintreffen in Srebrenica erklärt. Die "ethnische Säuberung" der Stadt durch fanatisierte Serben wurde zum schlimmsten Verbrechen an Zivilisten in Europa seit Ende des Zweiten Weltkrieges.
Das grausame Geschehen in dem 75 Kilometer nordöstlich von Sarajevo gelegenen Srebrenica wurde auch zu einem Tiefpunkt in der Geschichte der UNO. 500 niederländische Blauhelm-Soldaten waren bei Srebrenica stationiert, um den "save haven", den "sicheren Hafen", zu schützen und Flüchtlingen einen Zufluchtsort zu bieten. Angesichts der Übermacht von 15 000 serbischen Angreifern wurden die Niederländer kopflos und überließen die Zivilbevölkerung ihrem Schicksal. Als Skandal wurde noch ein Foto empfunden, auf dem sich nach den Morden der niederländische Kommandeur mit Mladic bei einem Treffen zuprostete.
Die Rücksichtslosigkeit von Mladic und sein bedingungsloser Führungsanspruch waren unter seinen Soldaten gefürchtet. Als einmal die Landung mit seinem Hubschrauber bei seinen Truppen nicht sofort klappte, rief er den Soldaten über das Mikrofon zu: "Hier spricht Ratko Mladic - Der serbische Gott". Mladic hielt sich während des Krieges auf dem Balkan eine Ziege, die er "Madeleine" nannte - in Anlehnung an die damalige US-Außenministerin Madeleine Albright.
Mladic wurde 1995 vom UNO-Kriegsverbrechertribunal angeklagt
Seine militärische Laufbahn begann der 1943 in Bosnien geborene Mladic 1965. Erst nach 20 Jahren hatte er es bis zum Brigadegeneral gebracht. Mladic galt als arroganter und undisziplinierter Offizier. Am 15. Mai 1992 ernannte ihn Karadzic als Chef der von Bosnien-Herzegowina abgespaltenen bosnisch-serbischen Republik zum Kommandeur seiner Armee. Mladic wurde bereits im Sommer 1995 vom UNO-Kriegsverbrechertribunal wegen Völkermordes und Verbrechen gegen die Menschlichkeit angeklagt. In Belgrad war aus Geheimdienstkreisen zu hören, dass Mladic weiter von Offizieren versteckt wird. Das werde den "Fall Mladic und seine Festnahme erschweren".
Der frühere "serbische Volksführer" Slobodan Milosevic, der ein Jahrzehnt lang von Belgrad aus die Welt in Atem hielt, konnte von den internationalen Richtern in Den Haag nicht verurteilt werden. Ein Wärter des Tribunal-Gefängnisses in Scheveningen fand Milosevic am Morgen des 12. März 2006 tot in seiner Zelle. Der wegen Völkermordes Angeklagte ist nach den Berichten des Gerichts in aller Stille an einem Herzleiden in seinem Gefängnisbett gestorben. In seiner Zelle hatte Milosevic während des vier Jahre dauernden Prozesses selbst seine Verteidigungsreden vor den Richtern vorbereitet.
Mutmaßlicher Kriegsverbrecher Ratko Mladic gefasst
"Gute Nachricht für die Gerechtigkeit in Europa"
Er wird in aller Welt als "Schlächter von Srebrenica" bezeichnet: Der Ex-Serbengeneral Ratko Mladic. Jetzt wurde der mutmaßliche Kriegsverbrecher dingfest gemacht. Außenminister Westerwelle beschreibt die Festnahme als "sehr gute Nachricht für die Gerechtigkeit in Europa".
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