Die Bundeswehr schrumpft und erfindet sich neu

Fragen und Antworten

Hier finden Sie die Ziele der Bundeswehrreform und erste Pläne zur Umsetzung im Überblick.

Autor/in:
Christiane Jacke und Mey Dudin
 (DR)

Wie groß wird die Bundeswehr in Zukunft sein?

Die Bundeswehr soll zur Freiwilligenarmee werden, die Wehrpflicht wird abgeschafft. Die Streitkräfte werden verkleinert von derzeit rund 220.000 auf bis zu 185.000 Soldaten. Davon sollen 170.000 Zeit- und Berufssoldaten sein; zusätzlich sind zwischen 5.000 und 15.000 freiwillige Wehrdienstleistende vorgesehen. Das heißt, zunächst werden 5.000 Freiwillige angepeilt. Wenn mehr junge Leute kommen, werden mehr aufgenommen. Deren Rekrutierung erweist sich allerdings als schwierig. Die Freiwilligen sollen einen Wehrdienst zwischen 12 und 23 Monaten ableisten.



Ist die Bundeswehr nach der Reform noch in der Lage, sich an internationalen Einsätzen zu beteiligen?

Vorgesehen ist, dass künftig mehr Soldaten an Auslandseinsätzen teilnehmen können als bislang möglich. So sollen 10.000 Soldaten zeitgleich für solche Missionen verfügbar sein. Das bedeutet aber nicht, dass auch immer so viele Bundeswehrsoldaten im Ausland eingesetzt sein müssen. Es geht vor allem darum, dass die deutschen Streitkräfte genügend Personal haben, um sich an zwei Großeinsätzen zu beteiligen - einen davon auch als führende Nation - und an bis zu sechs kleinen Militärmissionen. Zur Zeit leisten knapp 7.000 Kräfte ihren Dienst im Ausland - die meisten in Afghanistan.



Wann soll das Ganze über die Bühne gehen?

Für die Umsetzung der Reform sind sechs bis acht Jahre eingeplant - was im Ministerium als ehrgeizig gilt. Der größte Batzen - gerade beim Personalabbau - soll in den kommenden zwei Jahren abgeräumt werden. Bis zum Herbst will Verteidigungsminister Thomas de Maizière die Einzelheiten festzurren. Da die Umsetzung aber zwei Legislaturperioden dauern wird, ist offen, ob nach der Bundestagswahl eine womöglich andere Regierung das Projekt auch zu Ende bringt. Der CDU-Politiker wirbt daher um die Zustimmung der Opposition.



Wie will die Bundeswehr Freiwillige gewinnen?

Die Rekrutierung Freiwilliger ist jetzt schon schwierig. Deshalb will die Bundeswehr die Arbeit in den eigenen Reihen attraktiver machen, um Personal zu halten und neue Mitarbeiter zu gewinnen. Grob lautet die Strategie, am Gehalt, den Karrierechancen und der Vereinbarkeit von Dienst und Familie zu arbeiten. Wer also zur Bundeswehr geht, soll ordentlich verdienen, aber auch Erfahrungen fürs Leben sammeln und das Gefühl bekommen, eine ehrenhafte Aufgabe zu erfüllen. Der Appell an das Pflichtgefühl - Verantwortung zu übernehmen und dem Land zu dienen - soll nach dem Willen von de Maizière ebenfalls junge Leute zur Bundeswehr locken.



Was passiert mit den Standorten?

Es ist bereits klar, dass zahlreiche Bundeswehrstandorte geschlossen werden. Unklar ist aber noch, welche Niederlassungen das sein werden. Für Herbst ist dazu ein Konzept angekündigt. Zu den bundesweit noch bestehenden 52 Kreiswehrersatzämter stellte der Verteidigungsminister die Frage, ob überhaupt noch ein Sitz erhalten bleiben muss. Die Mitarbeiter müssten in die Schulen und Vereine, um Nachwuchs werben, sagt er. Sie bräuchten dafür ein Auto, ein Laptop aber kaum noch ein Büro.



Was verändert sich im Verteidigungsministerium?

Auch das Verteidigungsministerium wird verkleinert: Die Zahl der Abteilungen wird von 17 auf neun reduziert, die Zahl der Mitarbeiter von 3.500 auf 2.000. Die Schrumpfkur soll sich - bei Militärs und Zivilisten - auf alle Hierarchieebenen erstrecken. Außerdem sollen Zivilisten und Militärs künftig in allen Abteilungen zusammenarbeiten. Insgesamt wird die Zahl der zivilen Mitarbeiter bei Streitkräften und Verwaltung von 76.000 auf 55.000 Stellen reduziert.



Wird Geld für Rüstungsvorhaben gestrichen?

Nein. Am Rüstungsetat will der Verteidigungsminister nicht rütteln. De Maizière will sich bei laufenden Beschaffungsprojekten aber bemühen, Spielräume zu bekommen, um derzeit gebundenes Geld für neue, zukunftsweisende Anschaffungen freizumachen. Alle Beschaffungsvorhaben, die noch nicht beschlossene Sache sind, stehen unter Vorbehalt. Überprüft wird, ob die Ausrüstungspläne mit den Neuausrichtung der Bundeswehr vereinbar sind.



Was ist das Ziel der Reform?

Die Bundeswehr soll durch die Reform kleiner und wendiger werden. Die Vorgabe lautet: weniger Soldaten, weniger Waffen, weniger Standorte und weniger Bürokratie. Damit reagiert die Bundesregierung auf die zunehmende Zahl von internationalen Auslandseinsätzen.



Wie kam die Bundeswehrreform eigentlich zustande?

Bei einer Sparklausur der Bundesregierung im Sommer 2010 wurden allen Ressorts Kürzungen verordnet. Der damalige Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) sah in seinem Ressort nur einen Weg für Einsparungen: das Ende der Wehrpflicht. Damit wollte er Kosten für Ausbildung, Musterung, Verwaltung junger Rekruten reduzieren - zum Missfallen seiner Kabinettskollegen. "Der führt sich auf wie Rumpelstilzchen", wurde aus der Runde überliefert. Inzwischen ist aus dem Vorhaben zur Wehrpflicht ein Rundumschlag bei der gesamten Bundeswehr und der Militärverwaltung geworden. Guttenbergs Nachfolger de Maizière muss das Mammutprojekt nun zu Ende bringen. Der Spareffekt im Bundeshaushalt ist fraglich: Ursprünglich waren 8,3 Milliarden bis 2015 vorgesehen, diese Vorgabe wird wohl abgemildert. Einzelheiten werden aber erst vor der Sommerpause feststehen, wenn der Etat vorgelegt wird.