Bischofskonferenz-Sprecher Kopp über den ersten Moschee-Besuch eines Papstes vor zehn Jahren

"Die Muslime freuten sich - und die Christen mit ihnen"

Der erste Besuch eines Papstes in einer Moschee vor zehn Jahren ist nach Einschätzung des Sprechers der Deutschen Bischofskonferenz, Matthias Kopp, bis heute ein "zentrales Element" für das Verhältnis von katholischer Kirche und Islam. Kopp war am 6. Mai 2001 als Journalist dabei, als Papst Johannes Paul II. die Omaijadenmoschee in Damaskus betrat. dapd-Korrespondent Petr Jerabek sprach mit dem 43-Jährigen über seine Erinnerungen an den historischen Besuch und dessen Bedeutung für den katholisch-islamischen Dialog.

 (DR)

dapd: Wie haben Sie den Besuch von Johannes Paul II. in der Omaijadenmoschee in Damaskus erlebt?
Kopp: Das war eine organisatorische Meisterleistung. Das normale Leben in der Altstadt von Damaskus ging normal weiter, während der Papst durch die Haupteinkaufsstraße des Bazars zur Moschee fuhr. Da standen Sicherheitskräfte dicht an dicht und die Ladenbesitzer versuchten einen Blick auf den vorbeifahrenden Papst zu werfen. Der Innenhof der Moschee war mit Hunderten Menschen gefüllt, ebenso das Innere der Moschee. Eines war ganz deutlich: Die Muslime freuten sich - und die Christen mit ihnen.

dapd: Was ist Ihnen davon besonders in Erinnerung geblieben?
Kopp: Die herzliche Begegnung zwischen Johannes Paul II., der damals schon sehr geschwächt ging, und seinem Gastgeber dem Großmufti von Syrien, Scheich Mohammad al-Kuftaro, der bereits 90 Jahre alt war. Beide saßen da, sprachen miteinander und demonstrierten, wie gut der Dialog zwischen Muslimen und Christen gelingen kann. Das war ja alles vier Monate vor dem 11. September. Beeindruckend fand ich auch den Moment der inneren Sammlung, den der Papst vor dem Grab Johannes des Täufers in der Moschee nutzte. Viele haben ja spekuliert, ob er dort gebetet habe. Mir fiel auf: Es war ihm wichtig, am Grab des Johannes zu stehen und seiner zu gedenken.

dapd: Welches Signal ging von dem Ereignis aus und wie fielen die Reaktionen aus?
Kopp: Zentrale Botschaft war, dass Johannes Paul II. um Vergebung bat für Gewalt, die Christen im Namen des Kreuzes gegenüber dem Islam in vergangenen Jahrhunderten angerichtet hätten. Das war ein weiteres der vielen im Jahr 2000 und 2001 vom Papst gesprochenen Schuldbekenntnisse. Deutlich waren auch die Worte des Papstes, dass Religion nicht Hass oder Gewalt im Namen Gottes rechtfertigen dürfe. Gerade dieser Punkt wurde von Scheich Kuftaro ebenso positiv aufgenommen. Die Reaktionen waren weltweit überwältigend. Nach den vielen Begegnungen mit Muslimen war der Papst erstmals in eine Moschee gekommen. Das haben Muslime und Kirchenvertreter als wichtigen Schritt in die Zukunft gewertet.

dapd: Welche Bedeutung hatte der Besuch Ihrer Einschätzung nach für das Verhältnis zwischen katholischer Kirche und Islam?
Kopp: Der Besuch in der Omaijadenmoschee ist noch immer ein zentrales Element für das heutige Verhältnis zwischen Kirche und Islam. Viele muslimische Theologen beziehen sich auf diese Begegnung. Denken Sie daran: Ein Jahr zuvor war der Papst mit der höchsten Lehrautorität des sunnitischen Islam in Kairo zusammengetroffen. Jetzt Damaskus, 1984 bereits das Treffen mit 100.000 muslimischen Jugendlichen im Sportstadion von Casablanca. Diese Begegnung in Damaskus war aber etwas völlig Neues: Es war ein Treffen im Gebetsraum der Muslime. Hieran konnte dann Papst Benedikt XVI. bei seinem Besuch in der Hauptmoschee von Amman vor zwei Jahren nahtlos anknüpfen.

dapd: Unter welchen Vorzeichen fand der Besuch damals statt?
Kopp: Der Besuch hatte Diskussionen ausgelöst, vor allem auf islamischer Seite wurde gefragt, ob der Großmufti von Syrien jetzt nicht einen Schritt zu weit gehe. Aber bereits die wichtigen Begegnungen zwischen dem Papst und Muslimen ein Jahr zuvor während der Heilig-Land-Reise haben deutlich gemacht, dass ein solcher Besuch jetzt an der Zeit sei. So fand er in einem äußerst guten und friedlichen Klima statt. Ob das nach dem 11. September so problemlos möglich gewesen wäre, wage ich zu bezweifeln.