Islamisten planten offenbar Bombenanschlag auf Nahverkehr

Marokkaner mit deutschen Pässen

Sicherheitsbehörden haben offenbar einen geplanten islamistischen Terroranschlag auf den öffentlichen Nahverkehr in Deutschland verhindert. Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe ließ nach eigenen Angaben am Freitagmorgen drei mutmaßliche Mitglieder der Terrororganisation Al-Kaida festnehmen.

Autor/in:
Norbert Demuth und Christina Neuhaus
 (DR)

Näheres wollte die Behörde noch nicht mitteilen. Die Festgenommenen sollen am Samstag dem Ermittlungsrichter am Bundesgerichtshof zur Entscheidung über Haftbefehle vorgeführt werden. Nach übereinstimmenden Medienberichten wurden die Verdächtigen in Nordrhein-Westfalen festgenommen. Das NRW-Innenministerium wollte dazu keine Auskunft geben.



Die Verdächtigen sollen einen Bombenanschlag geplant haben. "Ziel war der öffentliche Nahverkehr in einer Großstadt", sagte ein Ermittler der Zeitung "Die Welt" (Samstagausgabe). Der genaue Ort habe noch nicht festgestanden. Auf die Planung würden sowohl größere Mengen sichergestellter Sprengmittel und Chemikalien in einem Wohngebiet hindeuten als auch abgehörte Gespräche von Handys sowie Internetverbindungsdaten von Computern der Verdächtigen.



Marokkaner mit deutschen Pässen

Laut "Welt" handelt es sich um drei Marokkaner mit deutschen Pässen. Sie gehören demnach einer größeren Gruppe von Terrorverdächtigen an. Da mit weiteren Festnahmen und Durchsuchungen gerechnet werde, zeigten sich Bundeskriminalamt (BKA) und Bundesanwaltschaft ausgesprochen zurückhaltend, hieß es dem Bericht zufolge in Sicherheitskreisen.



Nach ZDF-Informationen handelt es sich bei den Verdächtigen um einen Marokkaner, einen Deutsch-Marokkaner sowie einen Deutsch-Iraner. Die beiden letztgenannten haben demnach die doppelte Staatsbürgerschaft, der Marokkaner hält sich vermutlich illegal in Deutschland auf. Sie hatten laut ZDF noch nicht mit dem Bau einer Bombe begonnen. Einer der Anführer soll in einem Terrorcamp im Ausland ausgebildet worden sein.



Nach Medienberichten wurden zwei der Männer in Düsseldorf festgenommen, der dritte in Bochum. Zwei Verdächtige sollen 29 Jahre alt sein, der dritte zwei Jahre älter. Es handele sich um Abdeladim K. und Jamil S. aus Düsseldorf sowie Ahmed Sh. aus Bochum, schrieb die "Bild"-Zeitung.



Hilfe von CIA und marokkanischem Geheimdienst

Das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" berichtete, an den monatelange Ermittlungen seien neben deutschen Behörden auch die CIA und der marokkanische Geheimdienst beteiligt gewesen. Das Bundeskriminalamt habe eigens eine Besondere Aufbauorganisation namens "Komet" gegründet. Als Hauptverdächtiger der intern "Düsseldorfer Zelle" genannten Gruppe gelte der marrokanischstämmige Abdeladim K., der in regelmäßigem Kontakt mit einem angeblich hochrangigen Kaida-Funktionär im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet gestanden haben soll, so der "Spiegel". Im Zuge der Ermittlungen habe das BKA einen Trojaner für eine Online-Durchsuchung sowie eine Software für eine Telekommunikationsüberwachung auf seinem Rechner installiert.



Bosbach sieht "keinen Grund zur Entwarnung"

Laut Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich gelang es den Sicherheitsbehörden, "eine konkrete und bevorstehende Gefahr durch den internationalen Terrorismus abzuwenden". Er wies in Berlin auf die "enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit des Bundeskriminalamtes mit dem Bundesamt für Verfassungsschutz, der Länderpolizei und den ausländischen Partnerbehörden" bei der Festnahme hin. Ausgangspunkt für das "jetzt kurzfristig eingeleitete Ermittlungsverfahren der Bundesanwaltschaft ist allerdings ein seit über sieben Monaten beim Bundeskriminalamt wahrgenommener Vorgang", erklärte der Minister.



Die "Rheinische Post" berichtete unter Berufung auf Ermittlerkreise, die drei Festgenommenen hätten bereits Sprengstoff zu Testzwecken gezündet. Sie sollen seit Herbst 2010 verdeckt beobachtet worden sein und seien auffällig geworden, als sie sich in Apotheken Chemikalien besorgten.



Einzelheiten zu dem Fall sollen am Samstagvormittag auf einer Pressekonferenz der Bundesanwaltschaft bekannt gegeben werden, an der auch BKA-Präsident Jörg Ziercke teilnehmen wird.