Lobsang Sangay wird politischer Kopf der Tibeter

Harvard-Absolvent folgt Dalai Lama

Nach dem angekündigten Rückzug des Dalai Lama aus seinem politischen Amt haben die Exiltibeter einen in den USA ausgebildeten Akademiker zu ihrem Premierminister gewählt. Lobsang Sangay gewann die Wahl deutlich mit 55 Prozent der abgegebenen Stimmen von Exiltibetern in der ganzen Welt. Die Abstimmung markiert einen politischen Umbruch.

 (DR)

Ein demokratisch gewählter Premierminister ersetzt erstmals den bislang von einem religiösen Orden bestimmten politischen Führer der Tibeter. Der Dalai Lama zieht sich aus der politischen Verantwortung zurück und konzentriert sich allein auf seine Funktion als spiritueller Führer und Religionsoberhaupt.



Die Wahlkommission im nordindischen Dharamsala gab am Mittwoch den Sieg des 42-jährigen Juristen für den Posten des Premierministers bekannt, wie indische Medien berichteten. Der Harvard-Absolvent war bereits vor der Abstimmung als aussichtsreichster Kandidat gehandelt worden.



Der politische Rückzug des Dalai Lama wird nicht von allen Tibetern begrüßt

Der Dalai Lama hatte seinen Rückzug aus dem politischen Amt schon seit längerem angekündigt. Der Schritt des buddhistischen Mönchs wird nicht von allen Tibetern begrüßt. Viele fürchten, dass die Exilgemeinde viel an politischem Einfluss und moralischer Autorität verlieren könnte.



Der 75-jährige Friedensnobelpreisträger lebt seit Ende der 50er Jahre im Exil in Nordindien, wo auch die Exilregierung sitzt. Der 14. Dalai Lama war 1959 aus Lhasa nach Indien geflohen, nachdem chinesische Truppen den Volksaufstand in Tibet blutig niedergeschlagen hatten. Mehr als 10.000 Tibeter sollen damals ums Leben gekommen sein. Indiens damaliger Ministerpräsident Jawaharlal Nehru bot dem exilierten Mönch und seinen Vertrauten in Dharamsala, einer Bergstadt im Himalaya, eine Zuflucht an.