Linkspartei streitet über Kirchenpassage im Grundsatzprogramm

Sind 14 Zeilen genug?

Als sich die PDS 1990 programmatisch sortierte, ging es auch darum, aus der SED-Politik gegen die Kirchen ein Verhältnis zu den Kirchen zu gewinnen. Entsprechend ausführlich wurde deshalb das Verhältnis formuliert. Im aktuellen Entwurf der Linkspartei für ein Grundsatzprogramm umfasst die Passage zu den Kirchen gerade einmal 14 dürre Zeilen - zu wenig für Kirchenkritiker wie die wenigen Kirchenfreunde.

Autor/in:
Jutta Wagemann
 (DR)

Sie haben Gegenentwürfe formuliert - und in der Partei, die derzeit ohnehin unter Personalquerelen leidet, ist eine muntere Debatte über das Verhältnis zu den Kirchen entstanden. Den Stein ins Rollen brachten die stellvertretende Vorsitzende Halina Wawzyniak und Bundesschatzmeister Raju Sharma, der zugleich religionspolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion ist. Sie veröffentlichten im Januar einen Alternativentwurf für das Grundsatzprogramm. Den Abschnitt zu Kirchen und Religionsgemeinschaften formulierten sie deutlich schärfer und antikirchlicher als es im ursprünglichen Entwurf der Parteispitze von 2010 der Fall war.



Dort heißt es: "Die Linke achtet die Kirchen und Religionsgemeinschaften, ihren besonderen Auftrag und ihre Unabhängigkeit." Zudem werden die Trennung von Kirchen und Staat und die freie Religionsausübung thematisiert. "An den Schulen sollen der Ethik- und Religionsunterricht der Wissensvermittlung über Religionen dienen...". Geistiger Vater der Passage ist Oskar Lafontaine, einst Stipendiat des katholischen Cusanuswerkes.



Im Alternativentwurf von Wawzyniak und Sharma wird es konkreter. Sie fordern die Abschaffung der Staatsleistungen für die Kirchen und ein Verbot religiöser Symbole in öffentlichen Gebäuden. Weiter heißt es, "der Staat zieht keine Kirchensteuer ein", Ethikunterricht wird Pflichtfach und Religionsunterricht freiwilliges Wahlfach. Geistliche sollen nicht verbeamtet werden können. Der Gottesbezug in der Präambel des Grundgesetzes soll gestrichen werden.



Klare Trennung von Staat und Religion

"Ein klares Bekenntnis zum Laizismus" sieht Sharma in dem Alternativentwurf. Der Ursprungsentwurf enthalte zu viele Allgemeinplätze. "Natürlich achten wir die Kirchen und Religionsgemeinschaften, aber wir wollen eine klare Trennung von Staat und Religion."



Bodo Ramelow empfindet das als "feindliche Trennung". Der bekennende evangelische Christ und Vorsitzende der Linksfraktion im thüringischen Landtag hat einen Gegenentwurf formuliert, um zu verhindern, dass "der Laizismus zum Eingangstor für fanatischen Atheismus wird". Seinen Vorschlag sieht Ramelow als Brückenschlag zwischen dem Entwurf der Parteiführung und dem Alternativentwurf von Sharma/Wawzyniak. "Wir müssen als Partei plural sein", sagt Ramelow. Daher müsse die Partei auch für Gläubige offen sein.



In dem Papier Ramelows heißt es: "Die Linke steht für eine Gesellschaft, in der bei einer klaren Trennung von Staat und Kirche alle Religionen gleichermaßen respektiert und geschützt sind." Bei Kooperationen mit staatlichen Einrichtungen sei eine "strenge Gleichbehandlung aller Glaubensgemeinschaften zu garantieren". Für Beschäftigte in kirchlichen Einrichtungen müssten die gleichen Arbeitnehmerrechte wie für alle Arbeitnehmer gelten. Die Staatsleistungen sollen abgeschafft werden.



Daneben schlägt Ramelow vor, die Kirchensteuer zu einer "Kultursteuer" weiterzuentwickeln, deren Verwendung die Steuerbürger selbst bestimmen können. Religiöse Symbole in öffentlichen Gebäuden sollen verboten werden. In den Schulen soll es neben dem grundgesetzlich garantierten Religionsunterricht auch verpflichtenden Ethikunterricht geben.



Derzeit arbeitet eine Redaktionskommission Änderungsvorschläge der Mitglieder in den Entwurf für das Grundsatzprogramm ein. Voraussichtlich Ende Mai will der Parteivorstand in einem Leitantrag für den Parteitag im Oktober den fertigen Entwurf präsentieren. In welche Richtung sich der Parteivorstand in Sachen Kirchen bewegen wird, ist offen. Sharma sagt unverblümt, für ihn sei nicht die Haltung der Parteivorsitzenden entscheidend, sondern das Feedback der Mitglieder.