Westerwelle tritt nicht mehr als Parteivorsitzender an

Generationenwechsel bei Liberalen

Nach fast zehn Jahren an der FDP-Spitze zieht sich Parteichef Guido Westerwelle aus dem Vorsitz zurück. Westerwelle sagte bei einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz, dass er beim Bundesparteitag Mitte Mai nicht mehr zur turnusmäßigen Wahl der Führungsspitze antreten werde.

Autor/in:
Holger Mehlig
 (DR)

Als der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle an diesem Sonntagabend im Thomas-Dehler-Haus vor die Hauptstadtpresse tritt, wirkt er sehr gefasst. Dabei verkündet er den für ihn wohl schmerzlichsten Schritt seines politischen Lebens. Auf dem kommenden Parteitag in Rostock im Mai werde er nach zehn Jahren als Vorsitzender nicht noch einmal antreten, erklärt er in einem zweiminütigen Statement. Außenminister aber werde er bleiben.



Mit diesem Schritt tritt Westerwelle in die Fußstapfen seiner Vorgänger Hans-Dietrich Genscher und Klaus Kinkel, die ebenfalls als FDP-Chefs zurücktraten, ihr Amt als Außenminister aber behielten. Gerade erst war Westerwelle am Vormittag von seiner Asien-Reise zurückgekehrt. Die Kritik auch innerhalb der Partei nach den desaströsen Wahlergebnissen in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg war zu groß geworden. Er musste reagieren.



Immer wieder hatte Westerwelle gesagt: Ein Weiter so werde es nicht geben. Nun zog der Mann, der die FDP 2009 bei der Bundestagswahl auf ein Rekordergebnis von 14,6 Prozent geführt hatte, selbst die Konsequenzen. Er zögerte nicht und stellte sich der Öffentlichkeit, um schnell den Weg für Beratungen über seine Nachfolge frei zu machen.



Er habe sich den Schritt gut und gründlich überlegt. Die Entscheidung falle ihm einerseits schwer, weil er mit Herzblut Parteivorsitzender sei. Andererseits falle der Schritt ihm aber auch leicht, weil es eine Anzahl junger Persönlichkeiten gebe, die die Führung der Partei übernehmen könnten, erklärt er und fügt hinzu: "Ich kann Ihnen versichern, dass das natürlich ein besonderer Tag ist. Es ist ein besonderer Tag natürlich auch für mich selbst." Es sei die richtige Entscheidung, jetzt auch für einen Generationswechsel in der FDP mit einem Neuanfang zu sorgen. Nachfragen beantwortet Westerwelle nicht. Schnell schreitet er mit gesenktem Kopf vom Podium.



Westerwelles Fehler

Natürlich ist Westerwelle bewusst, dass er Fehler gemacht hat: Seine Äußerungen zur spätrömischen Dekadenz im Zusammenhang mit der Hartz-IV-Debatte gehören dazu. Die im Wahlkampf versprochenen Steuersenkungen konnte seine Partei aus Haushaltsgründen nicht umsetzen. Stattdessen setzte die FDP Erleichterungen für Hoteliers durch, die fortan nur den ermäßigten Mehrwertsteuersatz berappen mussten.



Westerwelle, der sich erst spät öffentlich zu seinem Lebensgefährten Michael Mronz bekannte, weiß, wie lange falsche Entscheidungen einem nachhängen können. Seit dem Scheitern des "Projekts 18" im Jahr 2002 spätestens ist es ihm bewusst. Damals trat er zur Bundestagswahl als Kanzlerkandidat an, reiste mit dem "Guidomobil" durchs Land und prägte das Image der "Spaßpartei". Doch statt der 18 Prozent erreichte die FDP gerade mal rund sieben Prozent.



Rasche Karriere

Der im Dezember 1961 in Bad Honnef geborene Westerwelle trat 1980 in die FDP ein und machte rasch Karriere. Er war einer der Mitbegründer der Jungliberalen und fünf Jahre lang deren Vorsitzender. Seit 1988 gehört er dem Bundesvorstand der FDP an. 1994 wurde der Rechtsanwalt, unterstützt vom damaligen Vorsitzenden Klaus Kinkel, Generalsekretär seiner Partei.



Westerwelle litt als Generalsekretär vor allem darunter, dass die Partei in seiner Amtszeit eine Wahl nach der anderen verlor. Verantwortlich machte er dafür das Image von der "Partei der Besserverdienenden". 2001 übernahm er mit 88,9 Prozent nach interner Personaldebatte den Parteivorsitz von Wolfgang Gerhardt. Immer wieder warfen ihm Kritiker seitdem vor, eine "One-Man-Show" zu veranstalten.



Westerwelle war erst am frühen Morgen von einer dreitägigen Asienreise nach Deutschland zurückgekehrt. Im Laufe des Tages hatte er zahlreiche Gespräche mit führenden FDP-Politikern geführt. Am Montagmorgen berät das Präsidium der Freidemokraten in Berlin über die künftige Aufstellung der Liberalen-Spitze.