Die meisten Länder haben keine Gesetzespläne

Kein flächendeckendes Burka-Verbot in Sicht

Ein flächendeckendes Burka-Verbot im öffentlichen Dienst wird es nicht geben. Außer Niedersachsen plant bislang kein anderes Bundesland, dem Beispiel Hessens zu folgen und Musliminnen im Staatsdienst eine Vollverschleierung zu untersagen. Dies ergab am Freitag eine Umfrage der Nachrichtenagentur dapd.

 (DR)

Zur Begründung hieß es, es seien keine Fälle bekannt. Bayern und Baden-Württemberg signalisierten aber, dass sie Burka-Trägerinnen in ihren Landesbehörden keinesfalls dulden würden.



Anlass für das Verbot in Hessen war der Fall einer Mitarbeiterin der Stadt Frankfurt, die vollverschleiert ihren Dienst im Bürgeramt antreten wollte. Inzwischen wurde der Arbeitsvertrag ohne Zahlung einer Abfindung einvernehmlich aufgelöst.



Niedersachsen prüft ebenfalls ein Verbotsgesetz, wie Innenminister Uwe Schünemann (CDU) sagte. Bürger kämen nicht zu einer Behörde, um sich dem Anblick eines religiösen Kleidungsstückes auszusetzen, hinter dem sich eine anonyme Person verstecke.



Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann begrüßte ebenfalls das hessische Verbot. Die Burka eines der schärfsten Zeichen für die Unterdrückung und Diskriminierung von Frauen. "Mit unseren Wertvorstellungen von einer pluralistischen, demokratischen Gesellschaft ist sie überhaupt nicht zu vereinbaren", erklärte der CSU-Politiker.



Eine vollständige Verschleierung habe an Behörden oder Schulen keinen Platz. Wer für den Staat arbeitet, müsse sich jederzeit durch Wort und Tat zu dessen Werten bekennen, sagte Herrmann. "Wenn bei uns ein vergleichbarer Fall wie jetzt in Hessen auftreten sollte, halte auch ich ein Verbot der Burka für den öffentlichen Dienst für geboten."



Im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen sagte ein Sprecher des Innenministeriums, es sei kein Fall bekannt, dass eine Frau im öffentlichen Dienst eine Burka tragen wolle. Sollte sich die Frage konkret stellen, werde im Einzelfall entschieden, ob und welche rechtlichen Schritte notwendig seien.



In Baden-Württemberg ist nach Angaben des Innenministeriums ebenfalls kein Burka-Fall bekannt. Ministeriumssprecherin Alice Loyson-Siemering sagte aber: "Auch wir würden das Tragen einer Burka nicht dulden." Als sichtbares Zeichen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Glaubensrichtung stehe es dem Beamtenstatusgesetz entgegen, dass Beamte und Staatsbeschäftigte zu politischer und religiöser Neutralität verpflichte.



Kein Thema ist ein Burkaverbot in den ostdeutschen Bundesländern. Bislang gebe es noch keine Problemfälle, hieß es dazu. In Sachsen etwa beträgt der muslimische Bevölkerungsanteil weniger als 0,1 Prozent, und Sachsen-Anhalt hat mit 1,8 Prozent den niedrigsten Ausländeranteil aller 16 Bundesländer. Auch Hamburg, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein halten sich beim Thema Burka-Verbot zurück, wie die Landesregierungen auf dapd-Anfrage erklärten.



"Erfüllt den Tatbestand der Nötigung"

Die Linkspartei im Bundestag sprach sich gegen ein generelles Burka-Verbot am Arbeitsplatz aus. Durch ein solches Verbot würden betroffene Frauen davon abgehalten, ein selbstständiges Einkommen zu erwirtschaften, sagte die Linke-Bundestagsabgeordnete Christine Buchholz. Das könne nicht im Interesse derjenigen sein, die "sich die Emanzipation der Frau auf die Fahnen schreiben".



Die Burka ist die rigideste Art der Verhüllung im Islam. Mit Ausnahme der Augenpartie verdeckt sie die Person unter dem oft schwarzen oder blauen Gewand vollständig, je nach Region sieht das Kleidungsstück unterschiedlich aus.



Der Grünen-Abgeordnete Volker Beck erklärte, Frauen, die zum Tragen einer Burka gezwungen würden, könnten sich gegen ihre Unterdrücker wehren. "Das erfüllt den Tatbestand der Nötigung und ich rufe alle betroffenen Frauen dazu auf, von ihren Rechten auch Gebrauch zu machen."



Der Grünen-Innenexperte Konstantin von Notz sagte, ein umfassendes Verbot der Burka wäre aus seiner Sicht ein Verstoß gegen die Religionsfreiheit. "Allerdings gilt auch: Die Bürgerinnen und Bürger haben ein Recht darauf zu erkennen, wer ihnen als Repräsentant des Staates gegenüber tritt."