Spezialisten bergen Trümmer und Dokumente aus dem eingestürztem Kölner Archiv

Taucher unterm Stadtarchiv

Taucher haben am Montag unter dem Kölner Stadtarchiv nach weiteren Archivalien gesucht. Die drei Männer würden dafür bis in zwölf Meter Tiefe vordringen, sagte der von der Stadt Köln bestellte Bauleiter Jörg Holzhäuser. Bisher konnten 85 Prozent der Archivalien geborgen werden.

Autor/in:
Michaela Paulsen
 (DR)

An einer Ecke der Wassergrube steigen Bläschen auf. Sonst sieht man nichts von dem Taucher, der sich in das schlammige Wasser auf dem Gelände des eingestürzten Stadtarchivs in Köln herabgelassen hat. Fast zwei Jahre nach dem Einsturz des Archivs sucht er am Montag zusammen mit zwei Kollegen nach immer noch verschollenen Dokumenten und Trümmern.



Von oben wirkt die Grube zwar überschaubar, doch für die drei Taucher, die abwechselnd im Trüben fischen, ist die Arbeit trotzdem mühsam. "Ich kann mich nur langsam vorantasten und kaum etwas sehen. Es ist glitschig. Auf den Trümmern hat sich Schlick abgelagert?, sagt Gerrit Hochmuth, einer der Taucher, nach seinem Einsatz. Schon am Montagmorgen konnten die Taucher neue Dokumente bergen. Welche es sind, ist kaum auszumachen. Die Papiere sind nur noch ein matschiger Klumpen, auf dem schwach handschriftliche Notizen zu sehen sind.



Bis maximal zwölf Meter tauchen die drei Männer. Tiefer lohne es sich nicht, da dort nicht mehr mit verschüttetem Inventar und Dokumenten zu rechnen sei, sagt der von der Stadt Köln bestellte Bauleiter Jörg Holzhäuser. Eine angenehme Aufgabe ist das Tauchen nicht. Das Wasser ist den Angaben zufolge nur acht bis neun Grad warm. Trotz der widrigen Umstände ist der Einsatz für Hochmuth spannend. Außerdem habe er auch ein persönliches Interesse an der Bergung der Dokumente. "In dem Stadtarchiv waren auch Dokumente über ein denkmalgeschütztes Haus in Leichlingen, in dem ich wohne", sagt der 32-Jährige.



Bergungsarbeiten noch bis mindestens Ende Januar

Die Taucher fahnden nicht nur nach verschollenen Archivalien, sie sondieren unten im Wasser auch die Lage. Sie müssen Stellen finden, an denen sie später Befestigungsvorrichtungen für die Bagger anbringen können, damit weitere Trümmerteile abtransportiert werden können. Es sei geplant, einen Seilbagger einzusetzen, der bis zu 30 Tonnen hochziehen könne, sagt Holzhäuser. Bis Ende Januar oder Anfang Februar sollen die Bergungsarbeiten abgeschlossen sein. "Wir befinden uns in einem Einsturztrichter. Verlässlich planbar ist hier deswegen nichts?, sagt Reinhard Thon, der bis 2003 Leiter des Amtes für Brücken- und Stadtbau war und nun eigentlich im Ruhestand ist. Wegen des Einsturzes des Stadtarchivs wurde er noch einmal "reaktiviert".



Erst nach der Bergung der Trümmer könne mit dem Wiederaufbau, aber auch mit der Ursachenforschung begonnen werden. "Bis jetzt gibt es nur Hypothesen und Theorien, die aber noch geprüft werden müssen. Der Grund für den Einsturz ist nach wie vor unbekannt", sagt Thon. Bisher werden Probleme an der U-Bahnbaustelle als wahrscheinlichster Grund angenommen. Bei dem Einsturz des Archivs und zweier benachbarter Wohnhäuser am 3. März 2009 waren wurden zwei Menschen getötet worden.



Die Stadtarchiv-Leiterin Bettina Schmidt-Czaia beobachtet den Tauchereinsatz. Sie freue sich über jedes Stück, das geborgen werde. "Ich hoffe, dass die Bergungsarbeiten bis Ende Januar abgeschlossen werden können", sagt sie. Denn dann kann mit dem Neuaufbau begonnen werden. Bis jetzt sind die Mitarbeiter des Stadtarchivs und die schon geborgenen Fundstücke "in 19 Asylarchiven? untergebracht. Etwa 50.000 Archivalien seien bereits wiedergefunden worden.



Welche Dokumente darunter sind, kann Schmidt-Czaia noch nicht so genau sagen. "Wir haben bisher 14 Prozent erfasst", sagt die Archiv-Leiterin. 84 Mitarbeiter seien mit der Auswertung beschäftigt, doch die Arbeiten gingen unter anderem auch wegen der fehlenden Räumlichkeiten nur schleppend voran. Bis alle Dokumente gesichtet worden seien, werde es etwa drei bis fünf Jahre dauern, prognostiziert Schmidt-Czaia. Bisher konnten 85 Prozent der Archivalien geborgen werden. Schmidt-Czaia rechnet damit, dass etwa fünf Prozent aller Dokumente für immer zerstört sind. Die anderen seien wieder restaurierbar", sagt die Archivarin.