Pressestimmen zu Kondom-Äußerungen

"Auf dem richtigen Weg"

In "begründeten Einzelfällen" sei die Benutzung von Kondomen erlaubt, soll der Papst dem Journalisten Peter Seewald gesagt haben. Aus dem Gespräch ist ein Buch entstanden, Auszüge daraus sorgen für Wirbel in den deutschen Tageszeitungen. domradio.de dokumentiert die Pressestimmen.

Papst Benedikt XVI. auf den Titelseiten der Zeitungen und Zeitschriften (DR)
Papst Benedikt XVI. auf den Titelseiten der Zeitungen und Zeitschriften / ( DR )

Die "Braunschweiger Zeitung" schreibt

"Da bleibt uns glatt die Spucke weg - und nichts weiter als folgende wohlwollende Begrüßung: Willkommen im 21. Jahrhundert! Willkommen auf der Erde, Eure Heiligkeit! Auch wenn er spät dran ist, Benedikt ist in Sachen Sinneswandel auf dem richtigen Weg. Und es könnte dem Oberhirten gelingen, die Glaubwürdigkeit der katholischen Kirche wieder zu stärken, die vor allem unter den Missbrauchsskandalen in den vergangenen Monaten arg gelitten hat."



Auch die "Berliner Morgenpost" stimmt in die Lobeshymne ein

"Benedikt macht entgegen dem Willen einiger Kräfte die Kirche bei einem Thema alltagstauglich, das wie kein anderes der Katholikenverachtung Vorschub leistet. Er hat auf diejenigen gehört, die bei Aids den Zwiespalt zwischen der Realität und der Lehre nicht mehr hinnehmen wollten. Der Papst hat das getan, ohne den moralischen Kern des Kondomverbots anzutasten."



Ein positiver Kommentar von der "Neue Osnabrücker Zeitung", die schreibt

"Seine Äußerung bedeutet eine längst überfällige Anpassung an den Alltag und die Lebenswirklichkeit. Das macht es jenen Geistlichen leichter, die seit Jahren stillschweigend diese Haltung in der Praxis befürwortet haben: Aids-Seelsorgern, katholischen Moraltheologen sowie Missionaren und Ordensschwestern in Afrika. Aber am Sexualleben wird sich wegen eines Papst-Wortes zu Kondomen vermutlich nur wenig ändern."



Neben viel Lob also von den Tageszeitungen für die Lockerung des Kondom- Verbotes, gibt es auch kritische Töne. Die  "Lausitzer Rundschau" schreibt Folgendes

"Es bräuchte viele 180-Grad-Wenden in der katholischen Kirche, es bräuchte viele solcher Signale, damit Benedikt XVI. vom konservativen Bewahrer der reinen Lehre zu einem Papst des 21. Jahrhunderts wird."



Die "Rheinische Post" aus Düsseldorf gibt zu bedenken, dass der Vatikan an ihrer Haltung zu Aids im Grundsatz auch festhalten sollte. Sie schreibt

"Die Moral, die die Kirche lehrt, ist keine Speziallast für Christen, sondern sie ist die Verteidigung des Menschen gegen den Versuch seiner Abschaffung" (Ratzinger, 1991). "Ecclesia semper reformanda", die Kirche muss sich immer wieder reformieren. Das ja. Aber sie bleibt uns allen hoffentlich als die große Widerständige, die Konservative im besten Sinne erhalten."



Die "Berliner Zeitung" sieht in der Äußerung des Papstes wenig Fortschritte

"Nein, eine sexuelle Revolution ist das nicht. Der Papst verharrt festgefroren in seiner Welt. Dort gibt es feine Stoffe, zartes Leder, weiche Polster und akademische Gedanken. Hartes Leben hingegen nicht."