Echternacher Springprozession ist immaterielles Welterbe

Sprunghafte Tradition

Die berühmte Echternacher Springprozession findet jedes Jahr am Dienstag nach Pfingsten statt und ist der religiöse Hoehepunkt in der Region um den Ort an der deutsch-luxemburgischen Grenze. Geehert wird der Heiligen Willibrord, der Echternacher Stadtpatron. Jetzt gehört der Brauch zum immateriellen Welterbe der Menschheit.

Autor/in:
Christoph Lennert
 (DR)

"Drei Schritte vor und zwei zurück." Wer mühevolle Entscheidungsfindungen beklagen will, wer ein Hin und Her von Koalitions- und anderen Streitparteien kritisieren möchte, wer den Fortschritt als Schnecke empfindet, der spricht gerne von einer "Echternacher Springprozession". Seit dem Mittelalter findet jedes Jahr der kurios anmutende Umzug statt. Ihren Ursprung hat die Prozession in der Verehrung des heiligen Missionsbischofs Willibrord (658-739). Das zuständige UNESCO-Komitee nahm die Luxemburger Kandidatur bei einer Tagung in Nairobi in die Repräsentative Liste des immateriellen Kulturerbes auf. Damit ist die Echternacher Tradition in den gleichen Rang erhoben worden wie etwa chinesische Kalligraphie oder die Teppichknüpfkunst Zentralasiens. Auch eine weitere Springprozession, aus Kroatien, befindet sich übrigens bereits auf der Liste.



Vor einem Jahr hatten die Luxemburger schon einen Anlauf unternommen, damals aber wegen eines Formfehlers kurz vor der Entscheidung den Antrag zurückgezogen. Diesmal klappte alles. Eine Ermutigung, aber auch eine Verpflichtung, den Charakter der jahrhundertealten Tradition zu wahren, wie der Willibrordus-Verein in Luxemburg nach der Entscheidung erklärte.



Ob mit der Aufnahme das Ereignis künftig mehr Besucher anzieht, wird sich erstmals 2011 nach Pfingsten zeigen. Schon bislang kamen jedes Jahr zu dem Umzug in der Regel mehr als 10.000 Teilnehmer aus den Benelux-Ländern und Deutschland, um sich von einem Bein auf das andere springend langsam fortzubewegen. Wie viele es letztlich werden, hängt freilich nicht zuletzt stark vom Wetter ab.



Erst nach rechts, dann nach links und immer auch ein bisschen nach vorne

Bei der Prozession wird tatsächlich gesprungen - aber nicht so vermeintlich ziellos, wie es das Sprichwort glauben machen möchte. Gesprungen wird erst nach rechts, dann nach links und immer auch ein bisschen nach vorne. Frauen in weißen Blusen und dunklen Röcken, Männer im weißen Hemd und mit blauen oder schwarzen Hosen zeigen, wie es geht. Sie haben den Ehrenplatz am Ende des Prozessionszuges. Ganz vorne schreitet feierlich die Feuerwehr der Gemeinde am Grenzflüsschen Sauer, geschultert die zierliche Willibrord-Statue, die die Prozession anführt.



Glaubt man alten Chroniken, so gab es in der Vergangenheit unterschiedliche Formen der Springprozession. Das Klischee des Vor und Zurück soll vor allem darauf zurückzuführen sein, dass beim Stocken des Prozessionszuges die Pilger auf der Stelle springen mussten. Für Beobachter habe daraus der Eindruck entstehen können, sie seien zunächst nach vorne, dann wieder nach hinten gesprungen.



Etwa eine Stunde dauert der eigentliche Prozessionsweg, der sein Ende am Grab des Heiligen Willibrord in der Krypta der Basilika findet. Begleitet werden die zahlreichen Pilger dabei von Musikkapellen, die alle die gleiche Weise spielen - ein Volkslied, das im Laufe der Zeit immer reicher gestaltet wurde. Die Melodie wurde 1850 von einem Trierer Musiker in ihre heutige Form gebracht.



Sprünge seit dem elften Jahrhundert

Die Tradition der Springprozession ist aber weit älter. Eine Erwähnung von Sprüngen zu Ehren des heiligen Willibrord haben Historiker bereits in Urkunden aus dem elften Jahrhundert entdeckt. Ob damit die Echternacher Prozession gemeint war, ist freilich nicht völlig sicher. Springprozessionen gab es zumindest im Mittelalter auch in anderen Teilen der Eifel, etwa in Prüm. Sicher ist aber, dass Echternach schon früh nach dem Tod des heiligen Willibrord 739 die Pilgermassen anzog.



Doch warum überhaupt gesprungen wird, das liegt im Dunkeln. Eine der Theorien besagt, die Springprozession ahme das Fallen von Epileptikern nach, denn Willibrord wurde gegen diese Krankheit angerufen. Andere sehen in der Tanzprozession den Ausdruck lebensbejahender Freude. Moderne Interpretationen deuten die durchaus anstrengende Fortbewegungsart als "Beten mit den Füßen". Und nicht zuletzt sei es ein Gemeinschaftserlebnis - denn die Teilnehmer der Prozession sind durch Tücher miteinander verbunden.