Papst könnte demnächst 19 neue Kardinäle kreieren

Konsistorium in Sicht

Die Zahl der zur Papstwahl berechtigten Kardinäle auf liegt künftig bei 103 - die übrigen 76 Kirchenmänner, die über 80 Jahre alt sind, dürften nicht mehr in ein Konklave einziehen. In Rom verdichten sich Gerüchte, dass Benedikt XVI. demnächst ein Konsistorium einberuft, um die Zahl der Wahlmänner im Kirchensenat wieder auf die Höchstgrenze von 120 zu bringen.

Autor/in:
Johannes Schidelko
 (DR)

Mit dem früheren neapolitanischen Kardinal Michele Giordano tritt am Sonntag eine der bekanntesten und zugleich schillerndsten Persönlichkeiten der Kirche Italiens von der aktiven Bühne ab. In seinen 19 Amtsjahren (1987-2006) tauchte sein Name wiederholt im Zusammenhang mit undurchsichtigen Bau- und Geldgeschäften auf. Fast immer freilich wurde Giordano exkulpiert. Am Sonntag nun vollendet er sein 80. Lebensjahr und scheidet damit aus dem Kreis der aktiven Papstwähler aus.



Mit dem rundem Geburtstag Giordanos sinkt die Zahl der zur Papstwahl berechtigten Kardinäle auf 103. Für den Fall, dass Papst Benedikt XVI. ein Konsistorium einberuft, um die Zahl der Wahlmänner im Kirchensenat wieder auf die Höchstgrenze von 120 zu bringen, werden in Rom als mögliche Termine der Christkönigstag (20./21. November) genannt, aber auch das Fest der "Cathedra Petri" am 22. Februar. Vielleicht wartet Benedikt XVI. aber noch bis zum Fest Peter und Paul (29. Juni). Bis dahin hätten sich die "freien Sitze" auf mindestens 24 erhöht.



Qual der Wahl

In jedem Fall dürfte der Papst vor der Qual der Wahl stehen; denn die Zahl der freien Senatssitze ist niedriger als die der möglichen Kandidaten. Neben den Präfekten der vatikanischen Kongregationen und Kirchengerichte, neben den Präsidenten Päpstlicher Räte sind auch eine ganze Reihe großer Diözesen traditionell mit der Kardinalswürde verbunden. Eine ganze Reihe von ihnen - etwa New York, London, Warschau oder München - sind in letzter Zeit neubesetzt worden.



Sollte Benedikt XVI. zum Christkönigsfest ein Konsistorium einberufen - die Ankündigung erfolgt in der Regel einen Monat vorher - könnte er 19 neue Purpurträger kreieren. Vorausgesetzt, er hält sich an die Höchstgrenze von 120 Wahlmännern, die sein Vorgänger mehrfach überschritt. Von Amts wegen könnte dann der Präfekt der Heiligsprechungskongregation, Angelo Amato, mit dem Kardinalsbirett rechnen. Ebenso die neuen Chefs der Kirchengerichte: Fortunato Baldelli von der Pönitentiarie und Raymond Leo Burke von der Apostolischen Signatur.



Kandidaten für den Kirchensenat

Nicht zwingend an die Kardinalswürde geknüpft sind die Leitungsämter der päpstlichen Räte. Dennoch rechnen Beobachter damit, dass der verdiente Vatikandiplomat und Leiter des Migrantenrates, Antonio Maria Veglio, in den Kirchensenat einzieht. Das dürfte nicht zuletzt aus protokollarischen Gründen auch für den neuen Ökumene-Minister, den Schweizer Erzbischof Kurt Koch, gelten. Fraglich scheint dagegen, ob weitere Ratspräsidenten das purpurfarbene Birett erhalten, etwa der für Kultur (Gianfranco Ravasi), für Krankenpastoral (Zygmunt Zimowski), für Kirchenrecht (Francesco Coccopalmerio), für Medien (Claudio Maria Celli), oder der des neuen Gremiums für Neuevangelisierung (Rino Fisichella).



Denn im Senat des Papstes, zu dessen herausragender Aufgabe eben die Papstwahl zählt, soll die Weltkirche angemessen vertreten sein. So dürfte sicher der neue Oberhirte von New York, Timothy Michael Dolan, zum Kardinal kreiert werden, ebenso sein Washingtoner Amtskollege Donald William Wuerl. Gleiches gilt für den Oberhirten von London, Vincent Gerard Nichols, der sich soeben als Papst-Gastgeber bei dessen Britannien-Reise profiliert hat.



Weniger klar ist, ob die neuen Oberhirten von Utrecht, Willem Jacobus Eijk, und Brüssel, Andre-Joseph Leonard, schon jetzt den Purpur bekommen; in beiden Städten leben noch zur Papstwahl berechtigte Alterzbischöfe. Die Frage wird ähnlich für den klassischen Kardinalssitz München gestellt; denn neben Erzbischof Reinhard Marx lebt dort auch sein - freilich über 80-jähriger - Vorgänger Friedrich Wetter. Sicher dürfte dagegen zumindest ein Spanier aufrücken, nachdem die drei traditionellen Kardinalssitze Toledo, Valencia und Sevilla unlängst neubesetzt wurden.



Als möglicher neuer Senator aus Lateinamerika gilt der Erzbischof von Rio de Janeiro, Orani Joao Tempesta. Aus Afrika könnte Laurent Monsengwo Pasinya aus Kinshasa das Kardinalsbirett erhalten, aus Asien vielleicht ein Japaner, ein Thailänder und/oder ein Vietnamese - und wahrscheinlich der frühere Kuriale und Erzbischof von Colombo, Albert Malcolm Ranjith Patabendige Don.



Unterdessen rätseln Beobachter über neue italienische Kardinäle; offenbar will der Papst deren hohe Zahl reduzieren. "Kardinabel" dürfte Paolo Romeo sein, seit 2006 Oberhirte von Palermo und vorher Nuntius in Italien. Ob das auch für Giuseppe Betori von Florenz gilt, ist fraglich. Wahrscheinlicher dürfte die Nominierung von Francesco Monterisi sein, des Erzpriesters der Basilika Sankt Paul vor den Mauern, sowie von Alt-Nunius Paolo Sardi, dem Pro-Patron des Malteserordens. Sicher wird Benedikt XVI. aber auch diesmal wieder verdiente Theologen jenseits der Altersgrenze von 80 Jahren ins Kardinalskollegium aufnehmen.