Merkel schaltet sich in Migrationsdebatte ein

Strenge und Toleranz

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat in der laufenden Integrationsdebatte Position bezogen. Zum einen kündigte sie Strenge gegenüber integrationsunwilligen Einwanderern an, zum anderen mahnte sie zu Toleranz gegenüber Muslimen. Moscheen würden künftig "stärker als früher ein Teil unseres Stadtbildes sein".

 (DR)

Merkel sagte der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Samstagsausgabe), Integration sei auch eine Aufgabe für die Gesellschaft, die Einwanderer aufnimmt. "Wir haben uns über viele Jahre darüber Illusionen gemacht", räumte sie ein. Unter anderem stelle sich in der Integrationspolitik die Frage, ob in Deutschland Imame ausgebildet werden, die die Grundsätze des Staates und der Rechtsordnung akzeptieren, oder die Prediger auch in den nächsten Jahrzehnten weiter hauptsächlich aus der Türkei kommen.



Gegenüber Integrationsunwilligen kündigte Merkel ein hartes Vorgehen an. "Wer neu zuzieht und den verpflichtenden Integrationskurs nicht besucht, muss die Konsequenzen tragen", sagte die CDU-Vorsitzende. Die Bundesregierung werde in Zukunft dafür sorgen, dass Sanktionsmöglichkeiten über die Kürzung von Sozialleistungen konsequent angewendet werden.



Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Maria Böhmer (CDU), kritisierte den Umgang von Ausländerbehörden und Jobcentern mit der Teilnahmepflicht. "Etliche Ausländerbehörden drücken den Neuzuwanderern zwar ein Faltblatt in die Hand und weisen auf die verpflichtende Kursteilnahme hin", sagte die Staatsministerin der in Berlin erscheinenden "Welt am Sonntag".



Wenn nichts passiere, werde das ein Jahr später, wenn die Aufenthaltsgenehmigung verlängert wird, noch einmal wiederholt. "Das ist es nicht gerade, was ich unter Kümmern verstehe", sagte Böhmer. Auch die Jobcenter müssten eine viel stärkere Verpflichtung zu den Kursen aussprechen. Laut "Welt am Sonntag" warten bundesweit derzeit 20.000 Migranten darauf, zu den Kursen zugelassen zu werden. Grund sei, dass Geld für ausreichend Plätze fehle. Der



Grünen-Fraktionsvize Josef Winkler schlug in einem Gespräch mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Samstagsausgabe) vor, den Solidaritätszuschlag für den Aufbau Ost ab 2011 schrittweise in einen "Integrations- und Bildungssoli" umzuwandeln, um bundesweite Programme für bessere Bildung und Sprachförderung von Migranten zu finanzieren.



Der Präsident des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, Albert Schmid, sagte der "Wirtschaftswoche" laut Vorabbericht, er sei überzeugt davon, dass ein Großteil der Einwanderer mit den bestehenden Angeboten und Möglichkeiten zur Verpflichtung erreicht werden könne. Allerdings hält der Präsident des in Zirndorf bei Nürnberg ansässigen Bundesamtes etwa ein Prozent der Zuwanderer für nicht mehr integrierbar. "Um diesen Anteil müssen sich die Sicherheitsbehörden kümmern", sagte Schmid.



Unterdessen veröffentlichte der "Focus" am Samstag eine Umfrage, wonach die Hälfte der Deutschen die Zahl der Zuwanderer im Land für zu hoch hält. 55 Prozent der Ostdeutschen und 48 Prozent der Westdeutschen würden diese Ansicht vertreten. Für die Umfrage habe das Institut TNS Emnid 1004 repräsentativ ausgewählte Bürger befragt.



Die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Renate Künast, forderte Bundespräsident Christian Wulff auf, in der Integrationsdebatte Stellung zu beziehen. Wulffs Schweigen sei beschämend, sagte sie in einem Gespräch mit der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung".