Papst punktet in den britischen Medien

Presseschau

Am ersten Tag seines Großbritannien-Besuchs hat Papst Benedikt XVI. selbst in den skeptischen britischen Medien Punkte gemacht. Rund 70.000 Besucher und Talentshow-Star Susan Boyle, die während der Papstmesse in Glasgow sang, hätten die «Kritiker übertönt», schreibt das Boulevardblatt «Daily Mail» am Freitag. Die «Angst vor einem lauwarmen - oder feindseligen - Empfang» hätten sich auch in den Straßen der schottischen Hauptstadt Edinburgh als «unbegründet erwiesen», wo Menschenmassen dem Papamobil zujubelten.

 (DR)

Der "Daily Mirror" nennt den Papstbesuch in Schottland einen "historischen Tag" und lobte Benedikts offenen Umgang mit den Missbrauchsfällen in der katholischen Kirche. Ein Versuch, die Angelegenheit zu vermeiden, "wäre ein Irrtum gewesen," so die Zeitung. Durch seine Offenheit habe der Papst nun "eine Chance", den Glauben der schockierten Katholiken "wiederherzustellen". Man hoffe nun, dass der Besuch zu einem "überwältigenden Erfolg" werde.



Das einflussreiche Yellow-Press-Blatt "Sun" interessierte sich mehr für die "irren roten Slipper", mit denen der Papst wohl seinen Besuch habe aufheitern wollen, und dafür, dass er bei der Queen Fanta getrunken habe.



Die Qualitätspresse konzentrierte sich derweil auf die Begrüßungsansprache des Papstes. Umstritten war vor allem seine Bezugnahme auf die Naziherrschaft in Deutschland. Benedikt XVI.

hatte zum Auftakt daran erinnert, dass sich die Briten "der Nazi-Tyrannei entgegengestellt" hätten, "die Gott aus der Gesellschaft entfernen wollte", sagte der Papst beim Empfang durch Königin Elizabeth II. Dabei warnte er vor "aggressiveren Formen des Säkularismus" und Intoleranz in der gegenwärtigen Gesellschaft. Zu den Lehren aus dem atheistischen Extremismus des 20. Jahrhunderts gehöre, dass ein Ausschluss von Gott aus dem öffentlichen Leben zu einer "herabwürdigenden Sicht des Menschen" führe.



Der linksliberale "Guardian" bezeichnete diese Aussage auf seinem Titel als "Feuerattacke" auf einen "atheistischen Extremismus" und widmete den Säkularisten einen Beitrag, die sich von der Rede des Papstes beleidigt fühlten. "Guardian"-Kommentator Andrew Brown verteidigte derweil den Papst. Viele hätten "vorschnell die falschen Schlüsse gezogen". Der Papst habe nicht die Briten gemeint, sondern die Nazis, "die Gott aus der Gesellschaft entfernen wollten". In Großbritannien sei man nur nicht gewohnt, dass "Deutsche herkommen und über den Krieg reden".



In Anspielung an den Agententhriller betitelte der liberale "Independent" den Papstbesuch als "Unmögliche Mission" ("Mission

Impossible") und äußerte die Befürchtung, dass die Glaubensbotschaft des Papstes vom Missbrauchsskandal "überschattet" werden könnte.

Sein Eingeständnis, dass die Kirche zu spät gehandelt habe, habe die Opfer nicht überzeugt.



Wie auch der eher skeptische "Independent" plädiert die politisch mittige "Times" für einen entspannten Umgang mit der Religion. Es sei durchaus möglich, nicht mit allen Lehren der Kirche in puncto Zölibat, Homosexualität und Stellung der Frau übereinzustimmen und trotzdem katholisch zu sein. Kommentator Frank Skinner schreibt, er halte es mit Kardinal John Henry Newman, der am Sonntag seliggesprochen werden soll. Dieser habe gesagt, er trinke immer "erst auf sein Gewissen und dann auf den Papst". Moderne Katholiken sollten es ihm nachtun.



Trotz einiger Konflikte im Vorfeld des Papstbesuchs über die hohen Kosten, den Missbrauchsskandal und das Recht eines Glaubensführers auf einen Staatsbesuch ist die Ankunft von Benedikt XVI. aus Sicht der Medien weitgehend gut verlaufen. Der "Daily Telegraph" fasst zusammen, für viele Katholiken in Schottland sei es ein großer Tag gewesen, "für die meisten ein einmaliges Erlebnis, eine ungenierte Feier ihres Katholizismus".