Duisburger Oberbürgermeister vor dem Landtag

Adolf Sauerland fordert Gerechtigkeit

Der Duisburger Oberbürgermeister Adolf Sauerland hat im Innenausschuss des Düsseldorfer Landtags die Verantwortung für das Unglück mit 21 Toten bei der Loveparade zurückgewiesen. Bei der Genehmigung zu der Techno-Party habe die Stadt «keinen Ermessensspielraum» gehabt, sagte er am Donnerstag.

 (DR)

Als Adolf Sauerland den Düsseldorfer Landtag betritt, macht er große Augen. Der Duisburger Oberbürgermeister wird am Donnerstag empfangen von Blitzlichtgewitter und Dutzenden Reportern, die ihn auf Schritt und Tritt verfolgen. Sauerland schwitzt. Er trägt einen dunklen Anzug bei seinem Auftritt im Innenausschuss des Landesparlaments. Der CDU-Politiker soll mehr als fünf Wochen nach der Loveparade-Katastrophe mit 21 Toten und mehr als 500 Verletzten Auskunft geben. Doch Sauerland bleibt Antworten schuldig.



In der Lobby des Landtags gibt Sauerland ein knappes Statement ab. "Die Stadt Duisburg hat nichts zu verbergen", sagt er. Als einzige Beteiligte der Loveparade habe die Kommune ihre "Akten geöffnet". Das Ergebnis wolle er dem Innenausschuss vorstellen. Er hoffe, dass dadurch "viele Fragen beantwortet" werden können. Fragen der Journalisten lässt er nicht zu.



Hektisch eilt Sauerland weiter zur Sitzung des Innenausschusses im Saal der CDU-Landtagsfraktion. Der Saal ist überfüllt, an den Wänden des holzvertäfelten Raums hängen Fotos von Konrad Adenauer und Jürgen Rüttgers. Journalisten, Landtagsabgeordnete und Regierungsvertreter wollen hören, was Sauerland sagt.



Mit brüchiger Stimme spricht Sauerland zu den Abgeordneten. Das von der Stadt in Auftrag gegebene Gutachten sei keinesfalls erstellt worden, weil die Stadt "parteiisch ihre eigene Rolle rechtfertigen" wolle. Für "Einzelheiten" zum Gutachten, das Sauerlands Stadtverwaltung entlastet, gibt er das Mikrofon an eine von der Kommune beauftragte Anwältin weiter.



Vom Blatt liest Sauerland danach einige persönliche Anmerkungen ab. "21 Tote bedeuten eine Bürde", sagt er. Die ganze Stadt Duisburg leide. Er kritisiert "Schuldzuweisungen". Seine Stimme ist jetzt heiser. Trotz des "beispiellosen öffentlichen Drucks" will er sein Amt weiter ausüben, weil er dies den "Opfern und den Hinterbliebenen schuldig" sei. Als Sauerland auch noch "Gerechtigkeit" fordert, schütteln einzelne Abgeordnete nur noch entsetzt mit dem Kopf. Mit hängenden Schultern verfolgt er den weiteren Verlauf der Sitzung. Immer wieder blickt er nervös durch den Saal. Ab und zu setzt er ein Glas Mineralwasser an und nimmt einen großen Schluck.



Es ist eine Art Gutachter-Krieg ausgebrochen um die Loveparade. Wer ist verantwortlich für die tödliche Massenpanik auf der Techno-Veranstaltung? Polizei, Stadt Duisburg oder der Veranstalter? Die Gutachten geben widersprüchliche Antworten. Oberbürgermeister Sauerland habe "viele Fragen nicht beantwortet", kritisiert der SPD-Innenexperte Thomas Stotko, kurz bevor die Sitzung wegen eines rätselhaften Gasgeruchs im Saal kurzzeitig unterbrochen wird.



Adolf Sauerland gilt in Medien und Öffentlichkeit als Sündenbock des Unglücks vom 24. Juli. Es gab Morddrohungen gegen den CDU-Politiker. Gegen ihn läuft im Stadtrat ein Abwahlverfahren. "Jeden Morgen kneife und frage ich mich, ob es vielleicht doch ein schrecklicher Traum war", hatte Sauerland in einem Magazin-Interview gesagt. Doch es ist kein Albtraum, sondern Wirklichkeit. Die Loveparade wird Landtag und Sauerland weiter beschäftigen.