Der französische Kurienkardinal Poupard wird 80

Die "graue Eminenz" tritt ab

Er war der dienstälteste Vatikan-Minister. 27 Jahre diente der französische Kurienkardinal Paul Poupard den Päpsten in unterschiedliche Kurienbehörden. Johannes Paul II. und Benedikt XVI. betrauten den stets freundlich dreinschauenden Intellektuellen mit Aufgaben an den Schnittstelle von Glauben, Kultur, Zeitgeist und Dialog. Heute feiert Poupard seinen 80. Geburtstag.

Autor/in:
Johannes Schidelko
 (DR)

Gleichzeitig gibt Poupard automatisch seine restlichen Kurienämter ab, die er seit der Pensionierung als Kultur- und Dialogminister 2007 noch innehatte. Poupard war eine "graue Eminenz" am Vatikan. Viele Jahre stand er etwas im Schatten seines großen Landsmanns Roger Etchegaray, der als vatikanischer Sozial- und Krisenminister regelmäßig bei diplomatischen Top-Missionen des Heiligen Stuhls in Erscheinung trat. Dagegen bemühte sich Poupard eher in der Stille um die Begegnung und Auseinandersetzung mit der zeitgenössischen Kultur. Er suchte den Dialog mit Nichtglaubenden aller Strömungen, mit Marxisten, Atheisten, Freidenkern. Eine Aufgabe, die er 1980 vom Wiener Kardinal Franz König übernahm.



Darüber hinaus bemühte er sich auch um den Kontakt zu den verschiedenen Kulturbereichen und versuchte, Kunstschaffende, Musiker, Schriftsteller, Architekten über entstandene Entfremdungen hinweg für die Begegnung mit Religion und Kirche zu interessieren. Dafür brachte Poupard gute Voraussetzungen mit. Am 30. August 1930 in Bouzille bei Angers geboren und 1954 zum Priester geweiht, promovierte er an der Pariser Sorbonne mit einer Arbeit über die Beziehung zwischen Vernunft und Glaube, Kirche und Staat.



Erste Vatikan-Erfahrungen sammelte er ab 1959 als Mitarbeiter im Staatssekretariat. Er hatte liturgischen Dienst bei der feierlichen Eröffnung des Zweiten Vatikanischen Konzils 1962 - und war überhaupt als Leiter der französischen Abteilung des Innenministeriums öfters an der Seite der Päpste Johannes XXIII. und Paul VI. zu sehen.



Nach seiner Rückkehr in die Heimat wurde er Rektor am Institut Catholique und 1979 Weihbischof in Paris. Schon ein Jahr später berief Johannes Paul II. Poupard wieder nach Rom: als Pro-Präsident des Sekretariats für die Nichtglaubenden. Kardinal König, der seine römische Aufgabe neben der Leitung der Erzdiözese Wien wahrnahm, gab mit Erreichen des 75. Lebensjahrs die Sekretariatsleitung ab. 1985 erhielt Poupard das Kardinalsbirett, seine Behörde wurde in den Rang eines Päpstlichen Rates hochgestuft. Drei Jahre später wurde der fleißige Franzose 1988 auch noch mit der Leitung des Kulturrates betraut. Für manchen überraschend wurden 1993 beide Behörden zusammengelegt.



Nach dem Zusammenbruch des Kommunismus in Europa schien eine eigene Atheismus-Behörde nicht mehr notwendig, die Diskussion mit dem religionsfernen Zeitgeist auch durch den Kulturrat angemessen gewährleistet. Breite Beachtung fand die Behörde etwa mit seinem Dokument zu New Age. Zum "Superminister" wurde Poupard im März 2006. Nach dem Wechsel von Dialog-Minister Erzbischof Michael Fitzgerald als Nuntius in Kairo übernahm Poupard dessen Behörde in Personalunion mit. Zu der erwarteten - oder befürchteten - Zusammenlegung beider Behörden kam es freilich nicht. Spätestens die Probleme mit dem Islam im Zuge des Regensburger Vortrags von 2006 hatten deutlich gemacht, dass für den Dialog mit den anderen Religionen eine eigene vatikanische Anlaufstätte vonnöten sei.



Mit der Pensionierung Poupards 2007 erhielt der Dialograt wieder einen eigenen Präsidenten. Und durch die Berufung des Spitzendiplomaten Jean-Louis Tauran machte Benedikt XVI. deutlich, wie wichtig ihm der interreligiöse Dialog ist. Poupard-Nachfolger im Kulturrat wurde der Bibelwissenschaftler und Archäologe Gianfranco Ravasi. Mit der jüngsten Kurienumbildung gibt Ravasi nun einen Teil seiner Aufgaben ab an den neuen Rat für die Neuevangelisierung. Die von dem italienischen Theologen Rino Fisichella geleitete Behörde soll im wesentlichen die Themen behandeln, die früher Königs Sekretariat für die Nichtglaubenden betreute. Damit ist nach Ende der Ära Poupard de facto wieder die ursprüngliche Arbeitsteilung an der Kurie hergestellt. Unterdessen fungiert Poupard als Pensionär immer wieder als Papstdelegat bei großen Kirchen-Jubiläen. Zuletzt vertrat er ihn bei den 700-Jahr-Feiern des "Exils von Avignon".